Dorstener Arbeit: Mit dem Batterie-Bully über die Alpen
Ein historisches Fahrzeug mit einer doppelt außergewöhnlichen Lebensgeschichte bricht am 12. Juni von Dorsten aus zu einem Abenteuer der Extraklasse auf: Ein VW-Bulli der Baureihe T2 nimmt für die gemeinnützige Qualifizierungsgesellschaft Dorstener Arbeit teil an der weltweit größten Rallye für Elektrofahrzeuge, der WAVE Trophy 2015. Von Plauen aus geht es in neun Tagen über Berlin, durch Niedersachsen, an der deutschen Westgrenze entlang nach Bern und dann durch die Alpen nach St. Gallen. Der Zieleinlauf dort ist am 21. Juni.
Der Kleinbus war bereits im Baujahr 1979 von Volkswagen und Siemens in einer kleinen Testserie mit einem Elektroantrieb ausgestattet worden (900 Kilo Batterien, Spitze 75 km/h, Reichweite 75 Kilometer). Schon diese Vorgeschichte macht den „e(lektro)T2” zu einem Meilenstein der Automobiltechnik.
Junge Menschen restaurieren VW
2014 erwarb die Dorstener Arbeit den Bulli in Erfurt. Seit einigen Jahren restauriert die Gesellschaft mit vermeintlich chancenlosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen Oldtimer (VW Käfer, Ponton-Mercedes, Karmann Ghia). Das Projekt findet nicht nur in der Szene für historische Fahrzeuge viel Anerkennung, sondern ist darüber hinaus erfolgreich für die Teilnehmer: Die Vermittlung in „richtige” Lehrstellen und Arbeitsplätze aus dieser Werkstatt ist ungewöhnlich hoch.
Jürgen Erhardt, Geschäftsführer der Dorstener Arbeit: „Das funktioniert so gut, weil Autos fassbare Produkte sind. Weil die Oldtimer nicht nur unsere Leute begeistern, sondern auch Ausbildungsbetriebe, die unseren Mädels und Jungs eine Chance geben wollen. Und weil am Ende alle sehen und staunen, dass Langzeitarbeitslose so eine Leistung bringen können.“
Unter Anleitung von Werkstattmeister Stephan Thiemann restaurierten junge Leute diesen Siemens-VW. Und so wurde das Fahrzeug auch zu einem sozialen Meilenstein.
Die technische Runderneuerung ist eindrucksvoll gelungen und zeitgemäß: Aus 900 wurden 600 Kilo Batterien, die Spitzengeschwindigkeit stieg auf Tempo 130 und die Reichweite auf 300 Kilometer. Gerade hat der aufgemöbelte eT2 die Straßenzulassung vom TÜV erhalten und erste Testfahrten erfolgreich absolviert. Er ist also gerüstet für die Teilnahme an der Wave 2015.
Die Piloten dieser Wettfahrt sind Werkstattmeister Stephan Thiemann und Michael Prinz, als Diözesanpräses der Katholischen Arbeitnehmerschaft (KAB) im Bistum Münster der zweite Gesellschafter der Dorstener Arbeit neben der Stadt Dorsten.
Die beiden freuen sich mächtig auf das große Abenteuer für Mensch und Mobil. Letztlich geht es beiden darum, eines zu zeigen: Was junge Menschen leisten können, die der Arbeitsmarkt eigentlich schon abgeschrieben hat. “Wir fahren die Wave 2015 für die Teilnehmer unserer Oldtimer-Projekte”, sagen die beiden Rallye-Piloten.
Begeistert von diesem Projekt ist auch Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff, der den eT2 bei der Vorstellung am Dienstag (26. Mai) erstmals kennenlernte. Der Diplom-Physiker hat selbst über moderne Batteritechniken geforscht und kann darum ermessen, wie viel technische Kreativität in der Runderneuerung des Fahrzeugs steckt. „Aber die faszinierende Technik ist nur ein Aspekt dieser Story”, so Stockhoff. “Viel wichtiger ist, wie viel Energie die Arbeit an dem Bus in den Teilnehmern des Projekts freigesetzt hat. Ich drücke die Daumen, dass alle ihre Batterien so gut aufgeladen haben, dass sie einen guten Start ins Berufsleben finden.”
Und weil der eT2 fast in Schalker Farben lackiert wurde, hat der Bulli während der Wave 2015 einen ganz besonderen Paten: Olaf Thon, Fußball-Legende und Weltmeister von 1990, ließ sich von der Euphorie sofort anstecken und sagte zu, Schirmherr der Rallye-Teilnahme zu werden. Finanziert wurde die Qualifizierung vom Jobcenter Kreis Recklinghausen. Unterstützt wird das Projekt von Stromversorger RWE und der B&W Energy GmbH & Co. KG aus Heiden (Kreis Borken). Gesellschafter der gemeinnützigen GmbH „Dorstener Arbeit” sind die KAB im Bistum Münster und die Stadt Dorsten. Nach der Teilnahme an der Wave 2015 wird der Elektro-Bulli als “Job-Mobil” für das Jobcenter fahren -- als Botschafter für die Leistungsfähigkeit von jungen Leuten. Und dafür, dass sie eine Chance auf dem Arbeitsmarkt verdient haben.
(Mit Material der Stadt Dorsten)
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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