Heute wäre Willy Brandt 100 Jahre alt geworden

Die komplette Titelseite widmet eine Wochenzeitung Willy Brandt zu seinem 100.sten Geburtstag
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Vor der Verehrung stand eine jahrzehntelange Diffamierungskampagne.

Willy Brandt trat drei Mal als Kanzlerkandidat der SPD an. Nach den Misserfolgen 1961 und 1965, wurde er 1969 mit 42,7% (!) zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
Als 1961 aus der Sicht der CDU die Gefahr bestand, dass der junge Willy Brandt gegen den greisenhaft wirkenden Konrad Adenauer gewinnen könnte, wurde eine Schmutzkampagne von unglaublichem Ausmaß gestartet. Daran beteiligten sich Politiker wie Strauß und Adenauer, ebenso wie Verleger und eine rechtslastige Presse. Selbst die Stasi war als Materiallieferant mit im Boot.
Eine Große Koalition der besonderen Art.
Um das erbärmliche, unmoralische und menschenverachtende damalige Handeln zu verstehen, soll ein Blick zurück helfen:
- Im Nachkriegsdeutschland galt die uneheliche Geburt eines Kindes als unauslöschlicher Makel für Mutter und Kind.
- Im Nachkriegsdeutschland wurde der deutsche Soldat weiterhin völlig unkritisch als nur treu und tapfer verehrt.
- Im Nachkriegsdeutschland wurde jeder Emigrant als Vaterlandsverräter diffamiert.
- Im Nachkriegsdeutschland wurde jeder politisch Andersdenkende als Kommunist gebrandmarkt.
Das waren also „beste“ Voraussetzungen, um Willy Brandt und die SPD im Zaum, sprich, in der Opposition zu halten.
Willy Brandt wurde unehelich geboren, Willy Brandt ist aus politischen Gründen emigriert, Willy Brandt ist unzuverlässig, Willy Brandt ist links und darf nicht gewählt werden.
Dafür sorgten in erster Linie der bayerische Verleger Hans Kapfinger und der Publizist Hans Frederik. Beide hatten nachweislich Kontakte zur Stasi und gaben Schmähschriften der übelsten Art und Weise heraus, die von der CDU und CSU dankbar angenommen und entsprechend eingesetzt und verbreitet wurden.
Beispiel Franz-Josef Strauss: „Eines wird man Herrn Brandt doch fragen dürfen. Was haben sie 12 Jahre lang draußen gemacht? Wir wissen, was wir drinnen gemacht haben“.
Was die Stasi an Verbrechen beigesteuert hat, klingt heute unglaublich.
Bereits 1958 trieb sie in Leipzig Georg Angerer auf, der, wie Willy Brandt, der SAP angehörte und auch nach Norwegen emigrierte. 1959 wurde Angerer in der DDR festgenommen (!), um eine „Beweisschrift“ gegen Brandt zu formulieren. Noch bis 1963 wurde von der Stasi versucht, „den“ Kronzeugen gegen Willy Brandt zu präsentieren. Letztlich erfolglos. Erst 1965 gab die DDR auf und vermerkte: „Angerer könne den Problemen nicht mehr folgen“.
Die Diffamierungskampagnen gingen auf vielen Ebenen weiter, verloren aber an öffentlicher Wirkung.
Der Bundeskanzler Willy Brandt, inzwischen im In- und Ausland für seine versöhnliche Politik geachtet und verehrt, erhielt 1971 den Friedensnobelpreis.
Wegen seiner erfolgreichen Ostpolitik (Wandel durch Annäherung) und sein späteres Engagement für die Nord-Süd-Problematik (bisher ungelöst), wird Willy Brandt heute zu Recht an seinem 100. Geburtstag geehrt.

www.spd-rhade.de
Text: Dirk Hartwich mit teilweisem Rückgriff auf den ZEIT-Artikel vom 12. Dezember 2013: „Große Koalition gegen Brandt“ von Daniela Münkel. Sie ist Historikerin und arbeitet in der Bundsbehörde für die Stasi-Unterlagen in Berlin.

Autor:

Dirk Hartwich aus Dorsten

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