Der Star des Abends war das Trinkwasser
Fracking-Veranstaltung in VHS erfüllte die hochgesteckten Erwartungen
Obwohl mit Frank Schwabe und Michael Gerdes, zwei SPD-Bundestagsabgeordnete, mit Josef Hovenjürgen (CDU) und Hans-Peter Müller (SPD), zwei Landtagsabgeordnete, mit Sebastian Steinzen, FDP, Frank Lumpe, Stadtverwaltung, Jürgen Kruse, Bürgerinitiative Gegen Gasbohren, Friedhelm Fragemann, Umwelt- und Planungsausschuss und Dr. Christoph Donner, dem technischen Leiter des Dorstener Wasserversorgers RWW, ein hochkarätiges Podium auf der Bühne Platz genommen hat, war frisches, gekühltes Trinkwasser, in Sektgläsern serviert, der eigentliche Mittelpunkt einer informativen, spannenden Veranstaltung im Forum der Dorstener VHS.
Eingeladen hatte der Arbeitskreis ENERGIE – KLIMA – UMWELT, von der SPD organisatorisch geleitet, aber überparteilich agierend, über das Reizthema FRACKING, das vom Umweltbundesamt als Risikotechnologie bewertet wird.
150 Besucher, persönlich begrüßt, mit einem Sektglas, gefüllt mit frischem Wasser, wollten erfahren:
Was ist Fracking? Welche Gefahren für unser Trinkwasser drohen? Welche Positionen bezieht die Politik? Hat die Stadtverwaltung das Heft des Handelns selbst in der Hand?
Schon vor dem Forum informieren Mitglieder des Arbeitskreises mit Plakaten, Aufklebern „Stop Fracking“, Flugblättern und Gesprächen über das Thema. Unterschriftslisten des Dorstener Appells liegen aus. Ein roter Teppich führt zu einem RWW-Wasserspender, freundliche „Serviererinnen“ geben erste Hinweise auf das schützenswerte Erfrischungsgetränk.
Michael Baune, vom Arbeitskreis gebeten, die Moderation zu übernehmen, konnte in dieser angenehmen Atmosphäre souverän durch ein spannendes Programm führen.
Ein kurzer Film zeigte zu Beginn das gesamte Spannungsfeld des so genannten Frackings auf. Energieexperten wiesen unmissverständlich darauf hin, dass das fossile Energiezeitalter endlich ist und alle Versuche, auch noch den Rest an Öl und Gas aus der Erde zu pressen, nur den schon eingeleiteten Abschiedsprozess unwesentlich verlängern. Eine Steilvorlage für die Diskussionsteilnehmer, die, fast schien es als ob eine große Koalition auf der Bühne Platz genommen hätte, sich alle gegen das Bohren nach Gas in großen Tiefen unter Zuhilfenahme von teils toxischen Chemikalien ausgesprochen haben. Aber wer genau die Zwischentöne erkannte, konnte unterschiedliche Parteimeinungen heraushören. Mit viel Beifall wurde der Beitrag von Dr. Donner, dem technischen Leiter der RWW aufgenommen. Seine Position: Bei unkonventioneller Gasförderung mit chemischen Zusätzen kann nicht ausgeschlossen werden, dass mittel- oder langfristig das Grund- und Trinkwasser in Mitleidenschaft gezogen wird. Klar und unmissverständlich auch Frank Lumpe, der die Dorstener Stadtverwaltung repräsentierte. Er stellte das komplizierte Genehmigungsverfahren vor und forderte klare Gesetzesvorgaben von der Politik. Unmut kam bei Zuhörern und auch den Diskutanten auf dem Podium auf, als Sebastian Steinzen, FDP, beklagte, dass leider kein Bundesgesetz verabschiedet wurde. Das stieß auf heftigen Widerspruch von Michael Gerdes und Frank Schwabe, die mit Daten belegten, dass es mehrere Anträge dazu gegeben habe, die aber allesamt von der schwarz-gelben Berliner Koalition abgelehnt wurden. Josef Hovenjürgen teilte mit, dass die NRW-CDU ihren Einfluss, auf Fracking zur Zeit zu verzichten, in Berlin durchgesetzt habe. Während Hans-Peter Müller die Position der NRW-Landesregierung, keine Bohrerlaubnis zu erteilen, bis wissenschaftliche Fragen geklärt sind, verteidigte, punktete Jürgen Kruse von der Bürgerinitiative mit der unmissverständlichen Forderung, auf Fracking generell zu verzichten. Da es bis heute keine umweltverträgliche Endlagerung des Rückwassers, das mit Salzen und radioaktiven Substanzen, sowie mit Resten des eingepressten Chemiecocktails aus der Tiefe belastet ist, muss ein eindeutiges Verbot her, so die Forderung Kruses. Friedhelm Fragemann trug den einstimmigen Ratsbeschluss vor, der genau in diese Richtung ging.
Ein leerer Stuhl symbolisierte die Abwesenheit der Energiekonzerne, die, obwohl eingeladen, allesamt „gekniffen“ haben, so Michael Baune bei der kreativen Präsentation der Absagen. ExxonMobil, RWE-DEA, Wintershall, Mingas-Power, der Wirtschaftsverband WEG und die IGBCE verpassten so die Chance, ihre Pro-Haltung zur unkonventionellen Gasförderung vorzustellen.
Die engagierten Diskussionsbeiträge der vielen Zuhörer waren jeder Zeit sachlich und zeugten von großem Detailwissen. Michael Baune ließ eine Forsa-Umfrage, nach der sich die Hälfte der Bundesbürger für Fracking aussprechen, mit einer eigenen Abstimmung, augenzwinkernd Dorsa-Umfrage genannt, kontrollieren. Die Dorstener sind demnach, nicht repräsentativ, einmütig gegen das Gasbohren im Schiefergestein.
Manfred Pauls, vom Arbeitskreis, erläuterte abschließend, wie die Arbeit in der Initiative weiter gehen könnte. Wichtig, so sein überzeugendes Statement sei, das man nicht nur gegen etwas agiere, sondern an einer kommunalen Energiewende, die alternativlos sei, praktisch mitzuwirken will. Er lud alle Anwesenden ein, mitzuarbeiten.
Die Mischung der Veranstaltung, mit einer Trinkwasseraktion, eingespielten Filmen, der Podiumsdiskussion und der aktiven Gesprächsbeteiligung der Besucher hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Die Veranstalter wurden ohne Ausnahme für ihr Engagement und die Präsentation eines schwierigen technischen Themas gelobt.
Information zum Arbeitskreis ENERGIE – KLIMA – UMWELT
Der Arbeitskreis wurde vor gut 3 Jahren von der Dorstener SPD gebildet, um im Bereich ENERGIE eine kommunale Energiewende aktiv zu begleiten.
Inzwischen versteht er sich als überparteiliches Diskussions- und Aktionsforum. Die organisatorische Leitung hat die SPD beibehalten.
Die Themenfelder KLIMA und UMWELT sind 2011 dazu gekommen. So gehört der Arbeitskreis auch zum so genannten Expertenteam des zurzeit erarbeiteten Dorstener Klimaschutzkonzepts.
Seit 2011 steht der Umweltschutz und hier das umstrittene Gasfördern, Fracking genannt, ganz oben auf der Tagesordnung des Arbeitskreises.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger können im Arbeitskreis mitarbeiten. Als Koordinator steht Dirk Hartwich (dirk.hartwich@t-online.de) zur Verfügung.
Der Dorstener Appell hat folgenden Wortlaut:
Fracking? Nein danke!
Wir wollen unser Grund- und Trinkwasser nachhaltig schützen. Es ist unser Lebensmittel Nr. 1.
Wir sind uns unserer Verantwortung für nachfolgende Generationen bewusst.
Wir lehnen daher das Frackingverfahren zum Aufsuchen und Fördern von Gas, mit teils hochgiftigen Chemikalien, kategorisch ab.
Wir fordern alle Parteien, Abgeordnete, Landes- und Bundesregierung auf, ein gesetzliches Verbot auszusprechen.
Er wurde inzwischen 800 Mal unterschrieben. Die Unterschriftslisten kursieren noch bis Ende Juli. Im August soll sie Politikern aller Parteien überreicht werden. Die Erwartung ist, dass sie sich ohne Wenn und Aber gegen das so genannte Fracking nicht nur aussprechen, sondern auch so handeln.
Autor:Dirk Hartwich aus Dorsten |
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