Vom Wirtschaftswunder verweht: Das Ende der Motorradclubs in Dorsten

Windgesichter: Eine historische Aufnahme während des Freudenbergrennens des damals bekannten rasenden Reporters Brosch aus Buer. Der Motorradfahrer sitzt auf einer englischen Douglas. Ihr Boxermotor inspirierte in München einen Flugmotorenhersteller namens BMW. Aus Patentgründen verbaute man den Boxer quer und wurde zur Legende. Bis heute. JoG
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  • Windgesichter: Eine historische Aufnahme während des Freudenbergrennens des damals bekannten rasenden Reporters Brosch aus Buer. Der Motorradfahrer sitzt auf einer englischen Douglas. Ihr Boxermotor inspirierte in München einen Flugmotorenhersteller namens BMW. Aus Patentgründen verbaute man den Boxer quer und wurde zur Legende. Bis heute. JoG
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In Dorsten gab es einst eine Vielzahl von Motorradsportvereinen.Allerdings hat keiner die Wirtschaftswunderzeit überdauert. Seit ihrer Erfindung faszinieren Motorfahrzeuge die Menschen und die Geschichte des Motorsports ist die Geschichte von Automobilen und Motorrädern.
Allerdings war der große Motorsport schon immer eine kostspielige Angelegenheit. In Dorsten gab es das Freudenbergrennen, da konnten in den zwanziger Jahren die staunenden Dorstener, Schermbecker und Raesfelder ganz umsonst die Herrenfahrer aus ganz Deutschland bewundern. Diese Rennen blieben Episode, aber der Motorsport hatte auch in Dorsten seine Freunde gefunden und die frönten ihrer Leidenschaft auf eher bescheidene Art und Weise. Wer eine kleine 98er Sachs oder NSU bewegen konnte, war ein viel beneideter Mensch.
"Stolz wie Oskar", heißt es heute noch. Das war einmal ein Werbespruch der Motorradmarke OWB. Das stand für Otto Wilms, Buer. Diese Gefährte hatten drei oder vier PS, und zumeist veränderte sich nur die Lautstärke des Motors, wenn Gas gegeben wurde. Geschwindigkeit entstand erst sehr viel später. Trotzdem wurden mit diesen besseren Mofas Rennen gefahren. Auf der Gahlener Straße, am Lippeberg nahe der Schleuse, auf der Marler Straße und manchmal auch auf dem Nürburgring.
Werner Romswinkel, Motorradsammler und Kenner der Szene, erinnert sich an seine Jugend. "Es gab den Motorradclub Lippestrand in Gahlen. So richtig mit Vereinsordnung, und ich habe in meiner Sammlung das letzte Kassenbuch ", berichtet Romswinkel stolz.
Der begeisterte Sammler weiß noch genau, wie die "Rennfahrer" von damals zu ihren Rennen aufbrachen. "Die hatten einen Rennreifen umgehängt und mit einem Stück Draht war der Rennauspuff am Rahmen fest gebunden. Vor Ort wurde dann der Umbau vorgenommen und dann wurde Gas gegeben bis der Ofen glühte", erzählt Romswinkel. Leider endeten diese Rennen auch zuweilen unsanft und dann mussten noch die Raten gezahlt werden, obwohl das Motorrad war längst Schrott war.
"Wer damals eine BMW oder Horex fuhr, war ein reicher Mann. Diese so genannten schweren Maschinen kosteten ein Vermögen und waren für den Arbeiter unerschwinglich", denkt Romswinkel zurück. Er selbst hatte eine NSU Quickly und später einen alten DKW. Autosport war übrigens zu der Zeit wirklich ein Sport der gehobenen Stände. Ein 356er Porsche kostete 18 000 D-Mark. Das waren drei Jahresgehälter eines Industriearbeiters. Treppenwitz der Zeitgeschichte: Für die drei Jahresgehälter eines Arbeiters hat Porsche heute nichts mehr im Angebot. Aber die Zeiten änderten sich und nicht nur die Bäuche der Kinder des Wirtschaftswunders wurden dicker, sondern auch die Brieftaschen. Mit den ersten Autos wie Isetta, Goggo und natürlich VW Käfer kam quasi über Nacht das Ende des Zweirades und auch das Ende der kleinen Motorradclubs.
Die Knatterbolzen wurden schlicht auf den Müll geworfen oder wurden in irgendeiner Scheune zum Dornröschenschlaf gebettet. Die Clubs gibt es nur noch in der Erinnerung. "Ende 1956 war Schluss. Ich habe noch eine Schutzblechplakette und einen kleinen Pokal von einem Grenzlandrennen. Das ist alles, was es noch vom Motorradclub Lippestrand gibt", sagt Romswinkel mit ein wenig Wehmut. Die Zeiten haben sich geändert, aber die Erinnerung an diese Zeit ist wach, ja sogar wieder chic - und ein Oldtimer ist ein Statussymbol. Da schließt sich der Kreis, denn dies war er ja schon, als er noch ein Neuwagen war.

Windgesichter: Eine historische Aufnahme während des Freudenbergrennens des damals bekannten rasenden Reporters Brosch aus Buer. Der Motorradfahrer sitzt auf einer englischen Douglas. Ihr Boxermotor inspirierte in München einen Flugmotorenhersteller namens BMW. Aus Patentgründen verbaute man den Boxer quer und wurde zur Legende. Bis heute. JoG
Der Gusseiserne: In Berlin ist am Ende der ehemaligen AVUS (Automobil-Versuchsrennstrecke) dem Motorradrennfahrer Georg "Schorsch" Meier ein Denkmal gesetzt worden. Er deklassierte auf BMW die Engländer beim Rennen auf der Isle of Man und machte den Motorsport auf zwei Rädern populär.
Autor:

Jo Gernoth aus Dorsten

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