ExtraSchicht - Ein langer Blick in die spannende Zukunft von Fürst Leopold
ExtraSchicht – Party auf Fürst Leopold und zugleich ein ahnungsvoller Blick in die Zukunft. Wer die „Lange Nacht der Industriekultur“ (9. Juli) in den Gebäuden und auf dem Freigelände der 2006 endgültig stillgelegten Zeche erlebt hat, wird jetzt zu denen gehören, die sich freuen auf das, was im denkmalgeschützten Ensemble in den nächsten Jahren entstehen soll.
Nein, natürlich wird der MGV 1948 auch in Zukunft nicht täglich auf Fürst Leopold singen und natürlich werden auch in Zukunft nicht täglich über 1500 Menschen die Maschinenhalle besichtigen wollen und natürlich wird es auch in Zukunft nicht täglichen Lichterzauber in der Platanenallee geben, aber dass der Strukturwandel neues und ganz anderes Leben aufs Zechenareal bringen kann, wurde eindrucksvoll belegt.
Das Motto „Kunst für Kohle“ stand am Beginn der Ruhrfestspiele in Recklinghausen. Fürst Leopold rüstet sich für eine Zukunft unter dem Motto „Kunst statt Kohle“ – jedenfalls zieht sich dieses Anliegen wie ein roter Faden durch das Konzept „Creativquartier Fürst Leopold“ der TeDo GmbH, die mit ihren Beiträgen zur ExtraSchicht den Besuchern mehr als anschaulich erklärt hat, wie spannend es sein (werden) kann, wenn es wirklich gelingt, künstlerische Kreativität im geplanten Umfang für ein Engagement auf dieser Fläche zu begeistern.
Eine nicht untypische Begegnung auf dieser ExtraSchicht: In der Lohnhalle sucht sich ein ehemaliger Bergmann einen Weg durchs Gedränge. Auf der Bühne spielt das Duo „Stolwijk und Then“, rechts, im ehemaligen Lohnschalter, werden Wertmarken, Bier und Wein verkauft – es ist voll und laut und fröhlich. Die Stimmung des ehemaligen Bergmanns will dazu nicht so recht passen. Er ist angespannt, nervös, zum ersten Mal seit Jahren wieder auf „seiner Zeche“, wo er Jahrzehnte gearbeitet hat und will jetzt sehen, ob in der Kaue sein Schloss noch auf seinem Haken sitzt. „Das habe ich drangelassen, war ja mein Haken“ – aber die Kaue ist in dieser Nacht Galerie und Konzertsaal.
“Vielschichtig - Klein und Groß” haben der freischaffende Künstler und Bühnenbildner Prof. Piotr Sonnewend und seine Frau Ilona Gorecke-Sonnewend ihre Schau genannt, die sie zusammen mit ihrer Künstlergruppe präsentieren. Für Liebhaber erotischer Kunst zeigt der Fotograf Burkhard Fidorra eine Auswahl seiner Akt-Fotografien. Und es gibt in der Kaue Musik der ganz besonderen Art: Das Duo Alexandre Tansmann, bestehend aus dem Dorstener Thomas Döller und Jürgen Schwalk stellt sein Programm “Wie klingt Kohle?” vor. Die für das Spielen dieser Komposition benötigte Flöte hat Thomas Döller selbst aus Titan und Kohle gebaut.
„Was soll das denn?“ Plüschtiere hängen an den Kauenhaken – nein, das ist nichts für den ehemaligen Bergmann. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick, aber beim Weitergehen lässt er sich schnell einfangen von der fesselnden Atmosphäre. Die Bilder der Künstlergruppe verwandeln den Raum, das gut gesetzte Licht macht aus Bildern, Installationen und Kaue eine einzigartige Einheit – gibt Raum zum Staunen und wer sich die Zeit nimmt, auf einer der harten Kauenbänke Platz zu nehmen, die Musik vom Duo Alexandre Tansmann und die Bilder auf sich wirken zu lassen, wird diesen Abend in der Kaue so schnell nicht vergessen. – Ach ja, das Schloss auf dem Kauenhaken ist nicht mehr da. „Macht nichts, aber es ist trotzdem mein Haken.“ Und: „Ist doch schön unsere Kaue, oder?“
Draußen, im Freigelände, Kunst ganz anderer Art. Annette Scharfenrot, Allround-Künstlerin aus Mülheim, nimmt zusammen mit Carina Simons und Wilhelm Menting unter dem Motto “Komma bei mich bei” die Besucher in Empfang. Wer möchte, darf sich mit einem typischen Ruhrpott-Spruch auf einer Tafel zu verewigen. Viele möchten – da kommt eine tolle Sammlung zusammen. Ein lautes Spektakel veranstaltet der Künstler Roher Löcherbach. Er traktiert mit einer Kettensäge einen mächtigen Baumstamm, der sich im Laufe des Abends mehr und mehr in eine Skulptur verwandelt. Wächst da Herkules aus dem Holz, ein Berggeist? Jeder sieht, was er sehen möchte und begeistert sich. Zwischen Trafogebäude und Maschinenhalle nutzt Norbert Then den Abend, um zusammen mit Rita Marks und Andreas Alba, Malern aus Lüdinghausen, seine Arbeit am Brunnen der Begegnung zu beginnen, der später im Stadtpark von Heiden stehen wird. Glühende Impressionen, denn gearbeitet wird mit einem Schweißbrenner.
Die Lohnhalle - sie soll nach den TeDo-Plänen Art-Boarding-Haus werden – ist an diesem Abend mit ihrer einmaligen Akustik das Konzerthaus auf Fürst Leopold. Den Auftakt macht der Männergesangverein Hervest 1948 mit dem „Dorsten Lied“ (Musik und Text von Ralf Ehlert). Das Lied gefällt, schon bei der zweiten Strophe singen viele mit – wird’s ein Dorsten-Hit? Es folgt ein Musik-Act nach dem anderen: Blues, Jazz, Soul, Rock, Leises und Lautes, Stimmungslieder und Nachdenkliches – als um 23 Uhr die Tanzparty beginnt, kommen viele viele junge Besucher – House und Chart-Music lassen (leicht übertrieben) die Ziegel tanzen.
Zu diesem Zeitpunkt wird auf der Bühne neben dem Trafogebäude schon aufgeräumt. Unter dem “Local Heroes” sind hier junge Dorstener Bands aufgetreten, nämlich die Bizzy Beats (HipHop), Vertikal (Punk/Rock/Ska), KeLo (HipHop) und The Holiday (Pop, Pop-Punk, Powerpopp). Und nicht nur das junge Publikum hatte seinen Spaß.
Pünktlich num 18 Uhr trafen die Gewinner des Gewinnspiels ein, das der Bergbauverein auf seiner Homepage veranstaltet hatte. Fünf Paare, die mit einem Glas Sekt begrüßt und als erste Besuchergruppe in die Maschinenhalle geführt wurden. Kleine Gruppen sollten an diesem Abend bis etwa um Mitternacht folgen – so war’s geplant, aber der Andrang war so groß, dass der Verein die strengen Regeln aufweichte so weit es die Sicherheit zuließ. Zur Freude der Besucher, die Fragen über Fragen hatten. Zu den Maschinen, zur Geschichte der Zeche, und und und und – die letzten Besucher verließen das Maschinenhaus erst nach 1 Uhr. „Ein toller Abend, aber jetzt hab‘ ich Fransen an den Lippe“, meinte eines der Vereinsmitglieder. Zufrieden waren auch Regina Schumachers und Dr. Wilhelm Müller, Künstler und Mitglieder im Bergbauverein, die an diesem Abend die Maschinenhalle zur Kunstausstellung nutzten. Auch dies eine Vorahnung auf das, was kommen wird, denn im Konzept des Bergbauvereins für die künftige Nutzung der Maschinenhalle spielen Ausstellungen auch in Kooperation mit den Dorstener Kunstvereinen eine wichtige Rolle.
Wer mehr wissen wollte über dieses Konzept, wurde bestens versorgt im Info-Büro des Vereins in der Lohnhalle, wo Filme gezeigt und Bilder ausgestellt wurden, wo es Infomaterial in Hülle und Fülle gab sowie Bütterkes mit Schmalz, Blut- und Leberwurst – sorry, dass wir den Schnaps vergessen haben. Den gibt’s zur ExtraSchicht 2012. Versprochen!
Ausführliche Infos über den Bergbauverein im Internet unter
www.bergbau-dorsten.de
Und wenn Sie immer schnell und direkt über die Aktivitäten des Vereins informiert sein wollen, bestellen Sie den Newsletter unter
newsletter@bergbau-dorsten.de
Autor:Gerhard Schute aus Dorsten |
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