Dschungelcamp - Super oder Tinnef?

Joachim "Jo" (Gernoth) und Olaf (Hellenkamp) arbeiten für den STADTSPIEGEL Dorsten. So wöchentlich wie möglich verfassen sie das "Nicht ganz ernst gemeinte Streitgespräch". Diese Rubrik befasst sich mit den unterschiedlichsten Themen, die mit einem deutlichen Augenzwinkern aus den zwei Blickwinkeln "Alles super!" und "Alles Tinnef" betrachtet werden.

Heute geht´s um das Fernsehformat "Ich bin ein Star, holt micht hier raus!"

Jo Gernoth sagt: Tinnef!

Ich verstehe die Taliban

Ich bin kein Star und ich schalte aus. Jedenfalls den Fernseher, wenn ich dieses Dschungelcamp beim Zappen erwische. Dieses Format ist für mich das sicherste Anzeichen dafür, dass nicht der Weltuntergang, sondern der Untergang abendländischer Kultur ins Haus steht. Ein guter Freund bedeutete mir nach dem er dieses Machwerk gesehen hatte, dass er verstehen könnte, warum die Taliban unsere Kultur verachten würden. Er hat recht: Diese Reste-Rampe der Unterhaltungsbranche verkauft da vor laufender Kamera den letzten Funken Persönlichkeit. Das ganze wird von diesem degoutanten Zwerg Dirk Bach auf zynische Weise kommentiert. Schade nur, dass man diesen eitlen Kapaun nicht in so eine Schleimröhre packen kann: Er passt wahrscheinlich nicht hinein. Auch dann nicht, wenn seine Komplizin Sonja Zietlow versuchen wurde ihn da hineinzupressen. Die kotzt mich mit ihrem Charme, der dem eines elektrischen Dosenöffners gleicht, ebenso an wie dieses zweibeinige Sofakissen Bach. Interessant ist, dass in dem Augenblick als bekannt wurde, dass die Quote sinkt, eine der Teilnehmerinnen sich ihrer Textilallergie erinnerte und seither die Hafenschlampe im Dschungel gibt. Fleischbeschau und die Erkenntnis, dass es Menschen gibt, denen es noch schlechter geht, als uns selbst. Das hat etwas von Circus Maximus im alten Rom und wie die Nummer ausgegangen ist, ist bekannt. Wo bleibt eigentlich der Medienrat, die Kirche und, last but not least, die Politik? Kann man diesen Schwachsinn nicht verbieten? Einer der geistigen Väter von all diesem Unfug-Formaten ist der Holländer John de Mol. Der hat in einer Talkshow versprochen, dass er an einem Tag 100 Teilnehmer für ein Russisches Roulette in echt engagieren könnte. Ailton hat wohl Recht, wenn er mit seinem traurig -trottligem Blick sagt: Konnt sein slimm mehr ganz viel.

Olaf sagt: Tinnef!

Kröten, Klöten Ekelfernsehen

Ich muss Dich enttäuschen, Jo. In dieser Woche wird in unserem Streitgespräch nicht gestritten. Ganz im Gegegenteil. Ich bin Deiner Meinung. Das Dschungelcamp ist es nicht einmal wert, ignoriert zu werden. Trotz meines Verständnisses für vieles, was um mich herum geschieht, stoße ich hier an meine Grenzen. Gescheiterte Ex-Promis, die schon im Zenit ihrer Karriere nicht mehr als drittklassig waren, werden zusammengepfercht, gedemütigt, beleidigt und ausspioniert. Mal im Ernst: Wer denkt sich so etwas aus? Wer ist bereit, sich dafür herzugeben? Und wer schaut sich so etwas an? Auf alle drei Frage gibt es eine Antwort und schon steht ein Format, das unter den niedersten Instinkten anzusiedeln ist. Schadenfreude, Gehässigkeit und Voyeurismus haben nicht mal im Tierreich ihren Platz. Bruchpiloten der Eitelkeiten, teilweise sogar obdachlos, schlucken mit dem Mut der Verzweiflung Kröten, Schleim und Känguru-Hoden. Für ihre eigene Abwrackprämie zerbeißen sie Maden und hoffen auf eine bessere Zukunft. Schamgrenzen sind längst überschritten und so wackelt auch ständig Silikon vor der Kamera. Gleichzeitig machen sich Dick und Doof in vollkommen abstrusen Verkleidungen aus sicherer Entfernung über private, familiäre und finanzielle Hintergründe der Gescheiterten lustig. Ich weiß gar nicht mehr, wer von allen aktiven und passiven Teilnehmern das größte Mitleid verdient. (Leider nur) ein Landtagsabgeordneter reagierte bisher entsprechend und erstattete gegen RTL Strafanzeige wegen „dringenden Tatverdachts der vollendeten Körperverletzung“ und des „strafbaren Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz“. Auch manche Werbepartner nutzen das Format trotz der hohen Einschaltquoten nicht und distanzieren sich vom Sadismus. Gute Unterhaltung können aber auch die Zuschauer entscheiden. Mit ihrer Fernbedienung.

Autor:

Lokalkompass Dorsten aus Dorsten

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2 Kommentare

Michael Menzebach (Redakteur) aus Haltern
am 25.01.2012 um 13:33

Messis, Speckis, Chaoten, Porno-Sternchen, Ganzkörper-Tätowierte, Pleitegeier und Kleinkriminelle: Alle diese verhaltensoriginellen Grenzgänger unserer Gesellschaft haben Dank der privaten TV-Sender eine integrative Plattform gefunden. Eine Art zu Hause. Und da muss sich keiner verstecken. Missglückte Doppel-D-Plastikbrüste, verschmierte Gesichtstattoos, Müllmieter, verpickelte Muskelgebirge und pöbelnde Nachwuchsproleten sorgen bei dem gelangweilten TV-Konsumenten für ein kurzeitiges Fremdschämen und der Erkenntnis: „Da haben wir es ja noch gut“. Warum sollen also nicht F-Promis Maden essen und sich ihren Seelenmüll vor laufender Kamera beichten. Und das schöne daran: RTL sperrt diese Zeitgenossen auch noch in einen Dschungel ein, so dass sie in dieser Zeit bei keiner anderen Talk-Show nerven können. Und machen wir uns nichts vor: Wer von uns Normalsterblichen würde für mindestens 15.000 Euro nicht auch eine Woche dieses exotische Outdoor-Training mitmachen?! Zudem: Hier wird keiner der Kandidaten bloß gestellt. Anders als die armen Schluckspechte, die als unterbezahlte Laiendarsteller jeden Nachmittag ihr persönliches Schicksal verkaufen. Für einen halben Tag Aufmerksamkeit und vielleicht 150 Euro.

Manfred Kramer aus Dorsten
am 25.01.2012 um 17:57

Ich brauch die Knete nicht, daher nehme ich mir den Luxus und schalte ganz ab.
Den ganzen verblödeten Kram braucht kein Mensch, oder doch?

Ein Dino ist man dann doch schon, wenn am nächsten Tag ganz Deutschland darüber spricht und du nicht weißt, worum es geht. Aber damit kann ich dann auch Leben.

Was ist aus all den Dschungelkönigen geworden?
Was ist aus alle den Casting Fuzzis geworden?

Die meisten versinken eh wieder in der Versenkung, und dann?

Hoffentlich kommen bald bessere Zeiten für das private Fernsehen.
Naja ich kann für mich selbst Entscheiden.
Ich bevorzuge dann doch lieber etwas, was bildet und von Nutzen ist.