Casting-Shows - super oder Tinnef?

Joachim und Olaf | Foto: André Elschenbroich

Joachim "Jo" (Gernoth) und Olaf (Hellenkamp) arbeiten für den STADTSPIEGEL Dorsten. So wöchentlich wie möglich verfassen sie das "Nicht ganz ernst gemeinte Streitgespräch". Diese Rubrik befasst sich mit den unterschiedlichsten Themen, die mit einem deutlichen Augenzwinkern aus den zwei Blickwinkeln "Alles super!" und "Alles Tinnef" betrachtet werden.

Heute geht´s um Casting-Shows

Jo Gernoth sagt: Tinnef!

Der Sturz ins Nichts!

Es ist mal wieder so weit: Ich bin dann mal wieder dagegen. Casting ist das Stichwort. Im Englischen hat das Wort Casting zwei Bedeutungen: Abguss und Besetzung. Beziehungsreich in Bezug auf das, was derzeit unter diesem Motto so alles angestellt wird. Ich wüsste noch ein weiteres Wort, oder besser Wortbild: Zum Affen machen. Was treibt tausende von jungen Menschen an, sich in langen Reihen anzustellen, und sich dann mit mäßigen, ja manchmal einfach nur peinlichen Darbietungen von einer Jury abkanzeln zu lassen. Bildhübsche junge Frauen lassen sich von der Rache des Bergischen Karnevals, Heidi Klum, verreißen. Was sich ihr Gemahlsgatte Seal wohl anhören müsste, wenn er sich vom obersten Proleten der Nation, Dieter Bohlen, verbal abwatschen ließe? Fest steht: Er würde kein Superstar. Noch nie ist einer nach diesem dämlichen Theater Superstar geworden. Die Karrieren sind in ihrem Lebenslauf mit dem einer Silvesterrakete zu vergleichen: Steiler Aufstieg, lauter Knall und dann der Fall in das Nichts. Garniert wird das Ganze vorzugsweise mit einem Skandal: Bei den Frauen meistens mit Porno-Vergangenheit und bei den Jungs mit Kriminalität. Befeuert wird das Ganze von der Hoffnung der Kandidaten, über Nacht aller Sorgen der Existenz entledigt zu werden. Sorry, aber der Plan wird nicht aufgehen. Casting hin, Casting her: Ohne Fleiß kein Preis. Mit oder ohne Heidi und Dieter.

Olaf sagt: super!

Die Hoffnung als Lebenselixier

Lieber Jo, versuch doch mal die Teilnehmer, vor allem aber die Zuschauer zu verstehen. Klar, es sind immer wieder die einen oder anderen Tröten dabei, die weder tanzen, noch laufen, geschweige denn singen können. Aber bei Casting-Shows geht‘s um etwas ganz anderes: Um Hoffnung! Hoffnung auf Erfolg. Hoffnung auf Anerkennung. Hoffnung auf ein Leben, das man sich nur schwer selbst erfüllen kann. Die Hoffnung der Kandidaten regt die Emotionen der Zuschauer. So erleben viele Millionen Menschen vor den Bildschirmen Woche für Woche ein Gefühl, das lebenswichtig ist. Niveau und Kompetenz dürfen in diesem Fall auch mal zweitranging bleiben. Das gilt auch für den Großteil der Juroren. Die können in den wenigsten Fällen Superstars von Eintagsfliegen unterscheiden. Und da liegt der nächste emotionale Höhepunkt der Casting-Shows: Das Scheitern. Auch das gehört zum Leben und führt bei Kandidaten und Zuschauern gleichermaßen zu Regungen im emotionalen Zentrum. Casting-Shows spiegeln also vieles wider, was das Leben so ausmacht. Was soll also so schlimm daran sein, wenn sich Casting-Shows so großer Beliebtheit erfreuen? Lass den Menschen vor und hinter den Bildschirmen ihre Hoffnung, ihre Freude und ihre Ängste. Diese gibt‘s in gleicher, manchmal sogar in noch intensiverer Form im echten Leben auch. Nur dass einem dabei keine Jury gegenüber sitzt.

Und was sagen Sie?

Autor:

Lokalkompass Dorsten aus Dorsten

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