Sieben MS-Patienten reisten mit „Abenteuer Aufwind“ zum Klettern in die Berge
Es ist nur ein Kilometer, aber er ist steil und steinig. „Das schaffe ich nie“, ist wohl fast jedem bei diesem Anblick durch den Kopf gegangen. Sie haben es geschafft. Alle.
Ein Kilometer, für Gesunde eigentlich kein Grund, den Mut zu verlieren. Doch die Gruppe, die sich zum Klettern in den Dolomiten zusammen gefunden hatte, bestand aus sieben an Multipler Sklerose Erkrankten. Organisiert wurde die Reise im Rahmen des Projektes „Abenteuer Aufwind“ des Bottroper Sportbundes. „Am Ende haben alle gesagt: Das machen wir nochmal“, nimmt Martin Schmid vorweg.
Gemeinsam mit zwei Kollegen hat der Geschäftsführer des Bottroper Sportbundes, der das Projekt „Abenteuer Aufwind“ initiiert hat, die Gruppe betreut. „Viele von ihnen sind vor ihrer Erkrankung in den Bergen gewesen, danach aber nie wieder“, erzählt er. Allerdings kommen einige von ihnen montags zur Klettergruppe für MS Patienten, die sich auf der Anlage im Malakoffturm trifft.
Der Regen prasselt am Tag nach der Ankunft in den Dolomiten nur so, doch die Gruppe will raus - jetzt, wo sie sich getraut haben, ist die Vorfreude groß. Doch auch die Angst, es nicht zu schaffen. „Aber schon am zweiten Tag sind wir zusammen in den Fels gegangen“, berichtet Martin Schmid, der selbst auch an MS erkrankt ist. Es ist mühsam, es ist steinig, es ist anstregend - und es ist ein unglaubliches Glücksgefühl, es geschafft zu haben, auch wenn es Stunden dauert. „Die Zeit ist völlig egal, nur das Ergebnis zählt“, so Schmid. „Alle waren völlig kaputt, aber es gab Tränen der Freude. Alle haben gesagt: Ich hätte nie gedacht, dass ich das schaffe!“
Die Tatsache, dass Martin Schmid ebenfalls an der Nervenkrankheit leidet, gibt den anderen der Gruppe eine nicht gekannte Sicherheit. „Die sagen: Du bist einer von uns, und wenn du sagst, dass es geht, dann geht es auch.“ Wenn er selbst unsicher sei, gehe er nicht voran, erklärt Martin Schmid.
Abends saßen alle in der Hütte bei deftigem Essen und Rotwein beisammen - Kletterer mit Handicap und ohne. „Die Gruppe hat von den anderen große Bewunderung für ihren Mut und ihr Durchhaltevermögen bekommen“, sagt Martin Schmid. „Nach dem Motto: Ist das toll, was ihr hier auf die Beine stellt. Das gab allen einen unheimlichen Euphorieschub - und der setzt ganz viel in Bewegung.“
„Guck mal, da oben waren wir“, war einer der häufig gehörten Sätze in den Tagen in den Bergen. „Die Teilnehmer haben gelernt, dass sie trotz ihrer Krankheit viel leisten können“, beschreibt Martin Schmid, „auch wenn sich die Relationen verschoben haben.“
Förderpreis für das Projekt „Abenteuer Aufwind“
Der Bottroper Sportbund hat für sein Projekt „Abenteuer Aufwind“ den Förderpreis „Mehr als Sport“ gewonnen. Die Auszeichnung erfolgte am 26. Oktober im Rahmen einer Feierstunde im Haus der PSD Bank in Münster.
Die Initiative erhielt das besondere Prädikat „Leuchtturmprojekt“ und damit die höchste Fördersumme.
Der Sportbund ermöglicht mit dem Projekt „Abenteuer Aufwind“ Menschen mit einem körperlichen Handicap, Abenteuersport zu betreiben.
Die Jurymitglieder, darunter Welthandballer Daniel Stephan und der frühere Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung, Prof. Heribert Meffert, lobten insbesondere die bisher einzigartige Idee und den hohen Grad des Engagements der ehrenamtlichen Trainer und Betreuer.
Die Trainer tragen in der Regel selbst ein körperliches Handicap und sind damit gewissermaßen ein Vorbild für alle Teilnehmer. Sie beweisen, dass ein körperliches Handicap es trotzdem zulässt, spannende Abenteuer und große körperliche Herausforderungen zu leisten.
Für 2013 sind neben der regelmäßigen Klettergruppe im Malakoffturm eine Winterwoche in Tirol, eine kombinierte Kletter- und Radwoche im Allgäu und wieder eine Bergwoche auf der Tierser Alpl Hütte in den Dolomiten geplant. Das Lehrteam beweist mit seiner Mountainbike-Expedition ins Himalaya nach Sikkim wieder echten Pioniergeist.
Weitere Infos unter Tel. 7790011 oder www.sportangebote-bottrop.de
Autor:Judith Schmitz aus Bottrop |
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