Organspende: Schenk mir dein Herz

In Deutschland warten rund 12.000 Kranke dringend auf eine Organspende. Viele von ihnen sterben, bevor die erlösende Nachricht kommt.  
Allein in Bottrop gibt es 140 Dialysepatienten, die zum Teil im Knappschaftskrankenhaus betreut werden. Auch für sie endet mit einer Transplantation ein langer Leidensweg. | Foto: Michael Kaprol
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  • In Deutschland warten rund 12.000 Kranke dringend auf eine Organspende. Viele von ihnen sterben, bevor die erlösende Nachricht kommt.
    Allein in Bottrop gibt es 140 Dialysepatienten, die zum Teil im Knappschaftskrankenhaus betreut werden. Auch für sie endet mit einer Transplantation ein langer Leidensweg.
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Sie warten. Wochenlang, monatelang, oft jahrelang. Und für viele von ihnen gibt es keine Hilfe. Rund 12.000 Menschen in Deutschland brauchen dringend ein Spenderorgan. Doch die Spendenbereitschaft geht zurück.

Deshalb haben sich die Spitzen von Bundesregierung, Koalition und Opposition darauf geeinigt, eine Neuregelung einzuführen. In Zukunft soll jeder Erwachsene regelmäßig zu seiner Bereitschaft zur Organspende befragt werden. Schon in diesem Jahr bekommen die Versicherten Post von ihrer Krankenkasse und werden zur Abgabe einer Erklärung aufgefordert. Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende soll aber ohne jeden Druck gefällt werden können.

„Wir können noch so vernünftig reden, aber entscheiden tut am Ende immer der Bauch“, sagt Dr. André Vosskühler. „Mir persönlich hätte die Widerspruchslösung besser gefallen. Jeder der nicht ,Nein‘ sagt ist Organspender.“

„Es gibt diese Ängste: Bin ich wirklich tot, wenn mir ein Organ zur Spende entnommen wird?“, ergänzt Prof. Dr. Markus Hollenbeck. Die beiden Mediziner des Knappschaftskrankenhauses sehen Tag für Tag, was diese Situation für ihre Patienten bedeutet. Vosskühler und Hollenbeck kümmern sich um die Erkrankten, die im Dialysezentrum der Klinik stundenlang an Maschinen hängen, die ihr Blut reinigen. Die Nieren dieser Menschen funktionieren nicht mehr.

So wie bei Rosemarie Pawliczek. Sie leidet an einer Erbkrankheit. „Ich wusste, was auf mich zukommt“, sagt sie. Lange kam sie regelmäßig zur Blutwäsche ins Dialysezentrum - bis eines Tages ihr Telefon klingelte. „Wir haben eine Spenderniere für sie“, teilte ihr eine Ärztin der Uniklinik Essen mit „Mir blieb die Luft weg“, erinnert sich die 65-Jährige. Dann ging alles ganz schnell - vormittags traf Rosemarie Pawliczek in der Klink ein, mittags lag sie schon auf dem OP-Tisch. Heute sagt sie: „Es ist wie ein neues Leben.“ Keine Schmerzen mehr, keine stundenlangen Klinikbesuche, kaum Einschränkungen. „Ich esse jetzt sehr viele Bananen“, sagt sie und grinst, denn diese Obstsorte gehörte lange zu den verbotenen Früchten.

„Das war doch kein Leben mehr“, sagt Dieter Ellerbrok. Auch seine Frau Christa hing viele Jahre an der Dialyse. Bis das Ehepaar schließlich eine Entscheidung traf: Dieter Ellerbrok spendete eine seiner Nieren seiner Frau. „Uns geht es gut“, bestätigen beide heute. Den Tag der Transplantation, den 21. November 2001, empfinden beide wie eine Art zweiten Geburtstag. Ihr Zusammenleben hat sich seitdem intensiviert, sie unternehmen viel, reisen um die Welt. „Wer weiß, wie lange ich das noch kann“, sagt Christa Ellerbrok ganz nüchtern.

Organe spenden würden alle drei, falls es medizinisch möglich ist. „Es gibt einen Spruch, der heißt: Nehmt eure Organe nicht mit in den Himmel, wir brauchen sie hier“, weiß Rosemarie Pawliczek. „Genau so ist es.“ „Das ist doch nicht pietätlos, wenn damit ein anderer Mensch weiterlebt“, findet Christa Ellerbrok. Und ihr Mann sagt: „Man gibt etwas ab, das weiterlebt. Das ist doch ein schöner Gedanke.“

Hintergrund:
Bei der Zustimmungslösung muss zu Lebzeiten, zum Beispiel per Organspendeausweis, das ausdrückliche Einverständnis zur Organentnahme gegeben werden. Andernfalls müssen nach dem Hirntod die Angehörigen entscheiden.

Der Organspendeausweis kann im Internet heruntergeladen werden. Auch in Arztpraxen ist er erhältlich.

In Deutschland warten rund 12.000 Kranke dringend auf eine Organspende. Viele von ihnen sterben, bevor die erlösende Nachricht kommt.  
Allein in Bottrop gibt es 140 Dialysepatienten, die zum Teil im Knappschaftskrankenhaus betreut werden. Auch für sie endet mit einer Transplantation ein langer Leidensweg. | Foto: Michael Kaprol
Der Nierenspende unter Ehepartnern - hier Christa und Dieter Ellerbrok (re.) - gehen eingehende Gespräche voraus. Unter anderem muss eine Ethikkommission grünes Licht geben. Fotos: Kappi | Foto: Michael Kaprol
Autor:

Judith Schmitz aus Bottrop

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