Freispiel statt Stundenplan
„Im Budenzauber wird sehr viel Wert auf Freispiel gelegt“, sagt Leiterin Bircan Simsek. Das Kind entscheidet selbst, wo, was mit wem und wie lange es spielen möchte. Die Erzieher beobachten und geben Anreize. „In der Türkei hat das Ministerium einen festen Stundenplan, für alles gibt es Fachleute“, so Yasar Centinkaya, Universität Akdeniz.
In Bottrop schätzt Centinkaya die interkulturelle Vorgehensweise. Ein spielerisches Miteinander der Kulturen. „Den türkischen Eltern in Bottrop ist es wichtig, dass ihre Kleinen die deutsche Sprache lernen“, so Simsek. Zweisprachige Bilderbücher unterstützen hier den Prozess. „Die deutschen Kinder zeigen großes Sprachinteresse, sie kennen Geburtstagslieder in drei verschiedene Sprachen.“
Die Eltern in der Türkei bekommen wöchentlich einen Bericht über das, was ihre Kinder bereits gelernt haben. Die Gruppen sind altershomogen und nicht, wie in Bottrop, gemischt. „Wir haben mal für sechs Monate ausprobiert, Kinder von drei bis sechs Jahren zusammen in eine Gruppe zu stecken, aber das hat nicht funktioniert“, blickt Centinkaya zurück.
Erstaunlich ist das nicht, denn die Kinder, die die Tagesstätte der Uni Akdeniz besuchen, bekommen regelmäßig spielerischen Unterricht von Fachkräften. Es ist eine vorschulische Erziehung, bei der ein Dreijähriger nicht den Wissensstand eines Fünfjährigen haben kann. „Mehrsprachigkeit ist ein Muss“, ist Centinkaya überzeugt. Zur Zeit können die Jungen und Mädchen seiner Uni-Kindertagesstätte zwar schon englisch lernen - Dozent ist ein Professor - deutsch aber noch nicht. „In Antalya leben auch langfristig sehr viele Deutsche. Deshalb muss sich die Kindertagesstätte darauf vorbereiten, auch diesen Kindern ein Heim geben zu können.“
Fasziniert war Centinkaya von der Raumaufteilung in Bottrop: Hier hat jede Gruppe einen eigenen Raum mit Zugang zum Außenbereich, einen eigenen Waschraum, Schlaf- und Mehrzweckräume. In Akdeniz sind die Gruppenräume funktional aufgeteilt. Während in den AWO-Gruppen die Kinder von 7 bis 9 Uhr morgens gebracht werden können, werden sie in Akdeniz alle zur gleichen Zeit im Korridor der Tagesstätte abgeliefert, die Einrichtung selbst betreten die Eltern nicht. „Auch für den Empfang gibt es eigene Leute.“
Bircan Simsek hat im Rahmen von „Early Education II“ kürzlich Istanbul besucht: „Das ganze erinnert viel mehr an Schule. Aber das ist in Polen, Tschechien und Italien ähnlich.“ Das Early Education II-Programm hat es sich zum Ziel gesetzt, über sinnvolle Bildungskonzepte Humanressourcen so früh wie möglich zu fördern.
„In den AWO-Kindertagesstätten lernen die Jungen und Mädchen aus Deutschland nicht bewusst eine andere Sprache“, sagt Gabi Müller-Pozorski, Leiterin der Kita Sonne, Mond und Sterne und Koordinatorin der Kindertageseinrichtungen für den Unterbezirk Gelsenkirchen Bottrop. „Einen Sprachunterricht für Kinder gibt es in unseren Tageseinrichtungen bislang noch nicht“, so Müller-Pozorski. „Für englisch würde sich das anbieten, das würden die Eltern bestimmt bejahen, aber da fehlen uns die Kräfte. Für so etwas brauchen wir Muttersprachler, die mit den Kindern dann auch nur in ihrer Sprache sprechen würden. Vielleicht sollten wir das einmal für die türkische Sprache anregen . Das sollte diskutiert werden.“
Autor:Bettina Meirose aus Bottrop |
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