Frauenpower: Irmelin Sansen
Der Weg ist das Ziel. Eine so oft gebrauchte Floskel, so häufig dahin gesagt. Und doch so oft so richtig. Auch für Irmelin Sansen.
Eine ihrer großen Leidenschaften ist das Wandern auf alten Pilgerwegen. Schon seit 1986, lange bevor die Hape Kerkelings dieser Welt sich medienwirksam auf die Socken machten, ist die Wahl-Bottroperin auf den Spuren der mittelalterlichen Pilger unterwegs. „Das ist kein religiöses, sondern ein kulturgeschichtliches Interesse“, erklärt Irmelin Sansen. „Das ist Kulturgeschichte, das ist Europa.“ Und außerdem wandert sie gerne - der klassische Fall von „zwei Fliegen mit einer Klappe“. Die Spuren ihrer vielen Vorgänger, die sich oft schon hunderte von Jahren vor ihr auf den Weg gemacht haben, interessieren und faszinieren sie. „Das sind zum Teil echte Leidensgeschichten“, sagt die Vorsitzende des Künstlerbundes.
Oft war sie auf weniger bekannten Strecken unterwegs, hauptsächlich in Frankreich. Ihre Traumroute aber liegt weit ab davon: „Die Seidenstraße“, sagt Irmelin Sansen - und winkt gleich ab. „Zu gefährlich.“ Doch das Pilgern ist nicht nur eine rein private Sache. Gleich fünf Filme sind im Laufe der Jahre entstanden, unter ihnen ein Arte-Themenabendfilm über den Jakobsweg. Dafür war sie im Jahr 2004 von Krakau bis nach Santiago de Compostela unterwegs.
Das führt direkt zum Thema „Job“. Denn obwohl Irmelin Sansen in Bottrop zumeist mit ihrer Arbeit als Künstlerin verbunden wird, ist sie auch als Multimediaproduzentin, Konzeptentwicklerin und Projektmanagerin bei „video on stage“ tätig. „Dort löse ich Aufgaben in unterschiedlichen Projekten aus den Bereichen Film, TV, Multimedia, Internet, E-Learning und multimediale Messeshow“, erklärt sie ihr Aufgabenfeld.
Irmelin Sansen ist 1976 nach Bottrop gekommen. Geboren wurde sie in Würzburg, aufgewachsen ist sie in Trier. Dort, so glaubt sie, wurde in ihr auch das Interesse an geschichtlichen und archäologischen Dingen geweckt. „Das war sehr prägend. Man hat ja dort die Thermen, den Dom immer dabei.“
Das Ruhrgebiet ist Irmelin Sansen schon längst zur Heimat geworden. Spuren und Fundstücke, die ihr bei Streifzügen durch diese industriell geprägte Region über den Weg laufen, finden auch immer wieder Eingang in ihre Arbeiten. So können zum Beispiel kleine Metall-Bruchstücke, die viele unbeachtet am Wegrand liegenlassen, zu Stempeln werden, mit denen sie im Atelier arbeitet. „Ich seh sowas, hebe es auf und denke: Oh, bist du schön! Die Bilder wirken später auf mich irgendwie wie archäologische Fundstücke“, beschreibt Irmelin Sansen. Zugleich wendet sie Techniken an, die schon in der Renaissance bekannt waren.
„Ich bringe unterschiedliche Dinge zusammen.“ Viele ihrer Arbeiten wirken zart, fast transparent, obwohl sich in Sansens Atelier auch viele starke Farben finden - gerne darf es Rot sein, in allen denkbaren Varianten. „Ich möchte starke, stille Bilder.“ Ein starkes Bild, sagt sie, behaupte sich in einem Raum. „Ich arbeite dialogisch, ich gucke, was das Bild mir schenkt“, beschreibt die Künstlerin ihre Arbeitsweise. Manchmal ist es die Lust auf ein Format, dann wieder der Reiz einer Farbstimmung, der sie animiert. Ein fertiges Konzept hat Irmelin Sansen nicht im Kopf, wenn sie im Atelier arbeitet - ihre Bilder entstehen im Entstehen.
Seit 1985 ist sie Mitglied des Künstlerbundes, seit 2011 ist sie dessen Vorsitzende. Im Kulturhauptstadtjahr war sie federführend an der Aktion „Starke Orte“ beteiligt. Das Projekt „ora et labora“ zeigte damals eine Ausstellung an zwei verschiedenen Orten: Im Malakoffturm - der das „Arbeiten“ im Ausstellungstitel symbolisierte - und in der Heilig Kreuz Kirche, dem geistlichen Gegenstück. Auch über das Kulturhauptstadtjahr hinaus ist „Starke Orte“ als Künstlernetzwerk erhalten geblieben. Dort arbeitet sie im Lenkungskreis.
Aktiv ist Irmelin Sansen auch im Bürgerbündnis gegen sozialen und kulturellen „Kahlschlag“. Einer der Gründe, sich dort zu engagieren, war für Irmelin Sansen die Schließung der Büchereifilialen im Eigen und in der Boy. „Das hat mich alarmiert“, sagt sie. „Ich glaube, dass der Stärkungspakt nicht der richtige Weg ist, um Städte aus der finanziellen Not zu holen.“ Mit vereinten Kräften versuche das Bündnis etwas zu bewegen. „Visionen sollte man schon haben. Sonst kann man aufgeben.“
Autor:Judith Schmitz aus Bottrop |
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