Farbe contra Angst: Im „Ladies Creation Club“ treffen sich Flüchtlingsfrauen
Sie kommen aus Syrien und Bangladesch, aus Armenien und Kirgisistan, aus Nigeria und Mazedonien und haben trotz aller Unterschiede eines gemeinsam: Sie sind Flüchtlingsfrauen. An jedem Freitag treffen sie sich im Atelier der Kulturwerkstatt um im „Ladies Creation Club“ für zwei Stunden ihre Sorgen vergessen zu können.
Mimi liebt Rot, das sieht man auch, wenn sie den Pinsel schwingt. Gemeinsam mit einem Teil ihrer Familie ist sie nach ihrer Flucht aus Syrien in Bottrop angekommen. „Mimi blüht auf“, beobachtet Irmelin Sansen. „Sie spricht mit jedem Tag besser Deutsch. Mimi ist Friseurin und möchte jetzt ein Praktikum machen, am liebsten sofort.“
Die Vorsitzende des Künstlerbundes engagiert sich von Beginn an ehrenamtlich im Verein „Flüchtlingshilfe“ und betreut gemeinsam mit der Künstlerin Anne Rubak das Kreativangebot „Ladies Creation Club“. An jedem Freitag treffen sich dort rund 15 Flüchtlingsfrauen. „Am Anfang haben wir uns gefragt: Ist das nicht Deluxe?“, erzählt Sansen. „Nein, es ist wichtig. Wir haben schnell gemerkt, wie gut es den Frauen tut, wenn sie hier malen oder töpfern.“ Sie haben auf ihrer Flucht Schreckliches erlebt, viele sind traumatisiert, einige in psychologischer Betreuung. „Und die Therapeuten sagen uns: Dieses Angebot ist im Moment wichtiger als ein zweiter Deutschkurs.“
Lilit ist mit ihrer Schwester und den Eltern aus Armenien gekommen, die Mutter ist schwer an Krebs erkrankt. Die 28-jährige Lilit ist Mathematiklehrerin, ihre Schwester hat ein Fremdsprachendiplom in der Tasche. In Deutschland versuchen sie, sich ein neues Leben aufzubauen.
Nail ist in Bangladesch geboren, ihre Mutter starb, als sie sieben Jahre alt war. Vor einem Jahr kam Nail in Bottrop an, hinter ihr lagen lange Monate der Flucht durch Nordafrika, die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer nach Italien, der Weg bis nach Deutschland. Nach außen wirkt sie friedlich, als komme sie zur Ruhe. Doch im Inneren?
„Sie spricht Bangla, Arabisch, Englisch, jetzt lernt sie Deutsch und sie kocht gerne“, weiß Irmelin Sansen. Seit einem Jahr lebt Nail in einem Flüchtlingswohnheim, Doppelstockbett, kaum Privatspähre, nie Ruhe. „Sie möchte dringend dort weg, eine eigene kleine Wohnung oder ein Zimmer haben“, so Sansen weiter, „aber das zu finden ist für Flüchtlinge sehr schwer.“ Auch für Nail hält die „Flüchtlingshilfe“ die Augen nach einem Praktikumsplatz offen.
Im Moment läuft im Atelier der Kulturwerkstatt eine Großproduktion. Die kreativen Ladies bemalen „Soulstones“, also Seelensteine. Beim Michaelismarkt Ende September werden diese dann gegen eine Spende abgegeben, der Erlös ist für die Flüchtlinge in Bottrop bestimmt. Blüten, Ornamente, leuchtende Farben, fremde Schriftzeichen zieren die Steine. „Frieden“ steht auf ihnen. Einen größeren Wunsch haben diese Frauen nicht.
HILFE GESUCHT:
Der Verein „Flüchtlingshilfe“ unterstützt einen Teil seiner Schützlinge im Moment bei der Suche nach einem Praktikumsplatz.
Auch Wohnungen oder Zimmer werden gebraucht.
Außerdem sucht der Verein kostenlose Lagerräume, um kurzfristig Spenden unterbringen zu können.
Wer helfen möchte, kann sich mit der Stadtspiegel-Redaktion unter Tel. 184330 oder e-mail redaktion@stadtspiegel-bottrop.de in Verbindung setzen. Wir vermitteln dann den Kontakt.
Autor:Judith Schmitz aus Bottrop |
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