Englische Weihnachten mit Papphütchen und Christmas Cracker
Malcolm Richardson lebt zwar seit mehr als 30 Jahren in Deutschland, die gute englische Weihnachtstradition kann man in seinem Haus in Kirchhellen aber immer noch erleben. „Unser Tannenbaum ist schon seit dem 1. Dezember geschmückt“, sagt er. Das typische Weihnachtsessen in Bottrops Partnerstadt Blackpool ist mit dem in Deutschland nicht zu vergleichen ...
„In England geht die Familie Heilig Abend in die Restaurants und genießt dort mehrgängige Menüs. Als mir meine Frau am 24. Dezember Kartoffelsalat und Bockwürstchen servierte, fragte ich sie nur, ob wir demnächst bei der Bottroper Tafel anstehen müssen. Dass ein solches Arme-Leute-Essen hier Tradition ist, war mir nicht bekannt.“ Inzwischen kann Malcolm das aber genießen.
Ab dem 1. Dezember hängen Geschenke an dem Christbaum
In England ist es üblich, dass ab dem 1. Dezember täglich kleine Geschenke an den Christbaum gehängt werden. „Das halten wir hier heute nicht mehr so. Aber unsere Geschenke werden dort ab dem 1. Dezember postiert.“ Einige davon haben er und seine Frau Ursula mitgebracht, als sie im November Kinder und Enkelkinder in Blackpool besuchten. „Dann kaufen wir auch den berühmten Plumpudding ein, der zu jedem 1. Weihnachtstag dazu gehört. Hier in Deutschland kann man den nicht bekommen.“
Die bunten Papphüte, die in England üblich sind, tragen er und seine Frau bei ihrem Weihnachtsfest in Kirchhellen auch: „Viele Leute erinnert diese Kopfbedeckung eher an Karneval. Aber das ist gute englische Tradition.“
Father Christmas und nicht Santa Claus bringt Malcolm und Ursula Richardson die Geschenke: „In England war er immer mit dem Rentierschlitten unterwegs, rutschte durch den Kamin und füllte die am Kaminsims aufgehängten Strümpfe. Bei meinem Sohn Stephan ist das immer noch so. Allerdings ist sein Kamin elektrisch - da können die Strümpfe nicht so schnell anbrennen.“ Sein Sohn Stephan ist ein Geschäftsmann. Die ganze Familie aus Blackpool - neun Erwachsene und sechs Kinder - hat Stephan über die Adventstage nach Bottrop eingeladen. „Meine Familie wollte unbedingt mal die deutschen Weihnachtsmärkte kennenlernen. So etwas gibt es in dieser Form in England nicht. Und alle waren hellauf begeistert“, freut sich Malcolm Richardson. „Zigtausend Lichter und eine Schneerutsche beim Markt in Oberhausen, hunderte Holzbuden und ein tolles Riesenrad beim Weihnachtsmarkt in Essen - und in Köln gab es gleich vier Weihnachtsmärkte zu bewundern. Die ganze Familie war hin und weg. Meine Enkelkinder hätten sich am liebsten gleich die ganzen Marktbuden eingepackt und mit nach Hause genommen.“ Den Bottroper Weihnachtsmarkt hat die Familie aus Blackpool natürlich auch besucht: „Wie auf den anderen Märkten schon, war meine Familie auch hier begeistert von der Essensauswahl.“ Der Pfand für die Glühwein-Tassen wurde nicht zurückverlangt: „Die wurden alle mitgenommen, etwa ein halber Koffer voller Tassen von den verschiedenen Märkten“, sagt der 74-Jährige.
Plumpudding und Mistelzweige
Heilig Abend und am 1. Weihnachtstag werden die „Christmas Cracker“, die Knallbonbons, „gezündet“. „Die haben wir auch schon in Blackpool eingekauft. Wir wählen da lieber die etwas teurere Variante, da liegen nach dem Knall schönere Kleinigkeiten auf dem Tisch.“
Sauerbraten oder Filet, nicht der in England typische Truthahn, stehen am 1. Weihnachtstag auf dem Mittagstisch. Und dazu der Plumpudding. „Als ich Kind war, wurden im Plumpudding noch silberne drei oder sechs Pence Münzen versteckt. Den musste man dann ganz vorsichtig essen.“ Die sind heute allerdings nicht mehr darin. Den berühmten Mistelzweig - wer darunter steht, darf sich küssen - haben er und seine Frau nicht mehr aufgehängt: „Aber auch hier waren damals die silbernen drei oder sechs Pence Münzen im Einsatz, die die Frau nach dem Kuss bekam.“ Die Weihnachtsansprache der Queen ist nicht nur für die meisten Engländern, sondern auch für Malcolm und Ursula Richardson am 25. Dezember ein Muss. „Meine Frau liebt alle Königshäuser. Sie besteht darauf, das zu sehen.“
Weihnachtsansprache der Queen
Der 26. Dezember ist in England der „Boxing Day“. „In England macht der Profi-Fußball keine Winterpause. Wir gucken uns dann dort solche Spiele an.“ Auch der Besuch von Freunden steht an diesem Tag in England auf dem Programm: „Wir besuchen dann Michael, den Sohn meiner Frau, der wirklich toll kochen kann.“
Wer in der Adventszeit ein Haus in England betritt, sieht hunderte Weihnachtsgruß-Postkarten, die sich auf langen Leinen im Wohnzimmer verteilen. „Mein Sohn bekommt mindestens 200 Postkarten. Bei uns zu Hause sind es knapp 50. Wir verteilen die aber auf verschiedenen Schränken und Anrichten und nicht mehr auf langen Leinen.“ Malcolms Familie will auf jeden Fall wieder die deutschen Weihnachtsmärkte besuchen. Darauf und auf das Auspacken der Geschenke, die unter der Tanne warten, freut sich die Familie Richardson schon.
Autor:Bettina Meirose aus Bottrop |
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