Auslandsjahr in Neuseeland: Ans Ende der Welt
Schafe, Hobbits, Maori und Kiwi: Neuseeland kennen die meisten nur aus dem Fernsehen oder aus den Herr-der-Ringe-Verfilmungen. Lena Wahmann (16) hingegen ist mittendrin: Sie lebt ein ganzes Jahr in dem Pazifikstaat, über 18000 Kilometer von ihrer Heimat Bottrop entfernt.
Wer jung ist, will die Welt entdecken. Das gilt auch für Lena Wahmann aus Bottrop. Normalerweise bestreitet die Sechzehnjährige den ganz normalen Schulalltag auf dem Vestischen Gymnasium in Kirchhellen, aber seit dem vergangenen Sommer hat sich das gründlich geändert. Auf dem Weg zur Schule blickt sie nun nicht mehr auf verregnete Felder, sondern auf das blaue Meer hinaus: Ein Jahr lang lebt und lernt Lena nun in Neuseeland.
Für die Schülerin ist das die Erfüllung eines Traumes: "Ich habe schon immer davon geträumt, im Ausland zu leben und viel zu reisen", erzählt sie. Vor rund zwei Jahren wurden die Planung plötzlich ganz konkret, und der Aufbruch in die Ferne nahm Gestalt an. "Ich wählte das Mount Maunganui College in Tauranga, Bay of Plenty, da es eine der schönsten Gegenden auf der Nordinsel ist", begründet Lena die Wahl ihrer Austauschschule. Denn - soviel war klar - auch in der Ferne würde sie die Schulbank drücken müssen.
Aber was für ein Unterschied! Nicht nur ist die einheitliche Schuluniform aus deutscher Sicht etwas gewöhnungsbedürftig, auch die Unterrichtsfächer sind aufregend anders. So verdient Lena ihre Noten nicht nur in "normalen" Kursen wie Mathe und Englisch, sondern auch in Fotografie, Computertechnik oder in der in Neuseeland beliebte "Outdoor Education". Bei dieser "Freilufterziehung" sollen die Schüler bei fordernden Gemeinschaftsaktionen wie etwa Klettern oder Kanufahrten Teamgeist, Verantwortung und Führungsqualitäten lernen.
Lena gefällt das: "Mit meiner Outdoor Education Klasse haben wir einen Mountainbike Ausflug in die Redwoods in Rotorua gemacht", berichtet sie. "Zuerst fuhren wir zum berühmten Blue Lake und dann in die Redwoods. Das Wetter war wirklich nicht gut, sodass wir nach anderthalb Stunden auf dem Mountainbike komplett nass und voller Dreck waren. Trotzdem hat es viel Spaß gemacht, auch wenn ich nicht der größte Mountainbike-Fan bin."
An Bewegung mangelt es Lena ohnehin nicht, da sie für ihr Austauschjahr bei einer sportlichen Familie untergekommen ist: "In meiner Familie werde ich gut auf Trab gehalten, denn ich habe zwei Gastbrüder, und mein Gastvater bringt mir alle möglichen Wassersportarten bei. Mittlerweile kann ich surfen, wakeboarden, wakeskaten, Wasserski fahren, kneeboarden und paddleboarden."
Kopfüber ins Abenteuer
Bei so vielen Aktivitäten ahnt man es schon: Lena ist immer offen für neue Erfahrungen und zeigt sich dabei auch ziemlich furchtlos. Das wurde auch bei einem elftägigen Ausflug auf die Südinsel deutlich. Zunächst klang alles nach einer ganz normalen Exkursion, wenn Lena erzählt: "Wir waren um die 45 Austauschschüler und sind so gut wie jeden Tag an einen anderen Ort gefahren. Die Südinsel ist wunderschön, aber von den vier Millionen Einwohnern Neuseelands leben nur eine Million auf der Südinsel, sodass man Stunden fahren muss, um in einen anderen Ort zu kommen."
In Queenstown ging es dann aber in den freien Fall - und das gleich zweimal. Zuerst wagte Lena den Sprung aus dem Flugzeug, und landete so schnell wieder sicher mit dem Fallschirm auf dem Boden, dass sie "gar keine Zeit hatte, Angst zu haben", wie sie betont. Etwas kribbliger wurde es dann beim Canyon Swing, bei dem man an einer Art Bungeeseil 60 Meter in die Tiefe fällt, um danach über einem Flusstal hin- und herzuschwingen. "Bei meinem ersten Sprung bin ich rückwärts gefallen, was einer der schwersten Sprünge ist, denn man muss sich von alleine fallen lassen. Bei meinem zweiten Sprung bin ich kopfüber gefallen", so Lena.
Inzwischen ist mehr als ein halbes Jahr vergangen, und Lena hat bereits viel erlebt. So konnte sie ihren ersten Kiwi sehen, Weihnachten am sommerlichen Strand verbringen, fremde Orte und Naturschönheiten erkunden, einen Ausflug nach Australien unternehmen, einen Delfin entdecken und eine Nacht auf einem Boot schlafen. Das hat die Bottroperin verändert: "Mein Englisch hat sich wirklich verbessert, und ich denke und träume nur noch auf englisch", berichtet sie. "Ich liebe mein Leben hier am Strand und in meiner Familie. Ich denke auch meine Persönlichkeit hat sich geändert, denn da ich alles meist alleine klären muss, bin ich viel selbstbewusster und eigenständiger geworden."
Die Heimat vermisst sie kaum, gesteht sie. Die letzten Monate im Ausland will Lena ganz bewusst erleben: "Ich kann kaum erwarten, was als nächstes auf mich zu kommt."
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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