VfB-Gründungsmitglied wurde 80 - Heinz Stratmann immer noch aktiv

Jubilar Heinz Stratmann mit Abteilungsleiter Bernd Hülswitt
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Heinz Stratmann ist Gründungsmitglied der Tischtennisabteilung des VfB Kirchhellen, seit Anfang des Jahres ist er 80 Jahre alt, was aber kein Grund für einen Rückzug ist! Noch immer kann er von der schnellsten Rückschlagsportart der Welt nicht lassen, steht Woche für Woche in der Halle parat, um dem Nachwuchs Tipps und Kniffe beizubringen, wie man noch erfolgreicher im Umgang mit dem kleinen Zelluloidball wird. Seine taktischen Kenntnisse und seine mentalen Erfahrungen sind noch immer sehr gefragt, wenn die Nachwuchstalente beispielsweise bei ihren ersten Meisterschaftsspielen betreut werden müssen. Kaum jemand kann über große Siege und herbe Rückschläge so faszinierend berichten, als wäre es erst gestern gewesen. Es wird schnell klar: hier spricht jemand, der sich stets für seinen Sport einsetzte, obwohl sein Weg – auch beim VfB – nicht immer gradlinig war.

Gründungsmitglied mit 14

Klar, nicht alle Urkunden sind akribisch geordnet, nicht alle Stationen passen sofort chronologisch zusammen, wenn Heinz Stratmann berichtet, aber das scheint ihm auch nicht so wichtig zu sein. Immer ging es ihm um den Spaß am Sport und er war auch immer schnell bereit, Verantwortung zu tragen und wenn jemand erkennt, dass er das auch ganz ordentlich und erfolgreich gemacht hat, dann gefällt ihm das natürlich durchaus.
1946 fing alles an, zu einer Zeit, als man ganz andere Probleme bewältigen musste, als sich sportlich zu betätigen. Aber vielleicht fanden sich gerade deshalb damals einige Klassenkameraden bei Westfalia 23 Rentfort (späterer Name BV Rentfort) zusammen, um gegen den Tischtennisball zu schlagen. Neben einigen Provisorien gab es in diesem DJK-Verein (wer weiß heute noch, dass die DJK (Deutsche Jugendkraft) 1920 von der katholischen Kirche gegründet wurde?) oft Kollisionen mit Kirchenveranstaltungen, sodass der Weg 1948 weiter führte zu Germania Gladbeck. Heinz fungierte mit 14 (!) als Gründungsmitglied, Spielstätte war eine Gaststätte, Training fand in der Josephschule statt. Vor allem Messdiener wurden hier akquiriert und so wuchs die Abteilung schnell. Heinz Stratmann war und ist nicht so der Mann der Kompromisse, sondern mag die deutlichen und transparenten Entscheidungen. Als man ihm 1959 mit der Ansage: „Wer nicht zum Training kommt, spielt nicht“, als Bergarbeiter, der nur Nachtschicht schiebt, vor den Kopf stieß, kam nur ein Wechsel in Frage, zum unter dem heutigen Namen bekannten BV Rentfort, wo es ihn bis 1971 hielt.

Schwerer gesundheitlicher Rückschlag

In diese Zeit fiel ein schwerer Unfall, vier Tage nach einem Tischtennisspiel, seitdem ist Heinz Stratmann schwerbehindert und kann nur mit speziellem Schuhwerk auftreten. Dieser tragische Schlag tat der Tischtenniskarriere aber keinen Abbruch, im Gegenteil: die erfolgreichsten Zeiten sollten noch kommen!
Im Juni 1972 begann die Ära VfB Kirchhellen – bei einem Thekengespräch! Heinz Stratmann ist zusammen mit Klaus Krüsemann einziges lebendes Gründungsmitglied und beide nehmen auch heute noch aktiv am Trainingsbetrieb teil. Mit dabei waren damals unter anderen auch das VfB-Ehrenmitglied Dr. Karl-Heinz Martini und seine Frau Erika. Stratmnann brachte sich stets kritisch in die Vorstands- und Trainingsarbeit ein, sodass er auch schon mal unangenehme Töne anschlug. Schon damals – als alles und somit auch die Jugend besser war – monierte er den zum Teil fehlenden Trainingseifer, wenn es darum ging, bestimmte Schläge systematisch zu trainieren. Schließlich hatte Heinz Stratmann schon 1964 seinen Übungsleiterschein gemacht, den er bis 1989 immer wieder verlängerte, und ließ nach Plan trainieren. Klar, es machte dem Nachwuchs wohl immer schon mehr Spaß, einfach drauflos zu spielen, aber diese Nachlässigkeiten ärgerten Stratmann, und als die Übungsleitergelder gekürzt werden sollten und er auch schon als Geschäftsführer einige Jahre zuvor zurückgetreten war, zog es ihn für ein kurzes Intermezzo 1979 nach Schultendorf. Aber schon 1980, so ist den damaligen Pressemitteilungen zu entnehmen, fungierte er bereits wieder als Jugendtrainer in Kirchhellen.
Heinz gehörte der erfolgreichen Mannschaft mit Heinz Kassel, Rudi Stief, Klaus Krüsemann, Jim Sykes und Christoph Wagner an und spielte bis 2004 um Meisterschaftspunkte.
Aber auch anschließend und bis zum heutigen Tag bringt sich der Jubilar aktiv ins Trainingsgeschehen ein, arbeitete mit dem verstorbenen Heinz Kassel und mit der langjährigen Oberligaspielerin Alison Simon erfolgreich zusammen und coacht nun ehrenamtlich mit Johannes Mann die aufstrebenden Nachwuchskräfte.

Eklat bei den deutschen Meisterschaften

Größtes Highlight waren sicherlich die Teilnahmen an den deutschen Meisterschaften. Heinz Stratmann, Mitglied der Versehrten-Sportgemeinschaft Gladbeck, konnte nach seinem Unfall mit Teilamputationen zwar nur noch mit speziellen Schuhen spielen, sich darin jedoch bewegen wie ein junger Gott. Die Kunst, trotz des Handicaps Höchstleistungen zu erzielen, führte ihn bis zur deutschen Meisterschaft 1979 nach Böblingen. Ein Jahr später kam es in Ingolstadt zum Eklat: Stratmann hatte sich im laufenden Turnier bis unter die letzten Acht vorgekämpft, aber dann geschah das bis heute Unfassbare. Ein bayrischer Teilnehmer legte Protest gegen die Behinderten-Einstufung ein und Stratmann wurde im laufenden Turnier ausgeschlossen und einer anderen Schadensklasse zugeordnet. Das Schlimmste: bei nachfolgenden Veranstaltungen stufte man ihn problemlos wieder in die alte Behindertenklasse ein. Ob des verpassten deutschen Meistertitels fragt sich der Jubilar noch heute: Ist man denn nur in Bayern weniger behindert?

Autor:

Ralph Stenzel aus Bottrop

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