"DER KNUBBEL HAT JA EINEN DICKEN HALS!“ Redensarten zeigen, wie Körper und Seele zusammenspielen
Wer kennt ihn nicht, jenen sympathischen „Knubbel“ namens Wilhelm Postberg, der auf der Kirchhellener Straße schräg gegenüber der Alten Börse seit Jahren beharrliches Stehvermögen unter Beweis stellt. Gedrungen, gemütlich, knubbelig – Kopf und Körper liegen so dicht beieinander, dass kein Hals auffällt. Oder: das Verbindungsstück zwischen Rumpf und Haupt ist so dick, dass es Kopfgröße misst.
Wenn jemand einen dicken Hals hat, treten die Venen in Folge des steigenden Blutdrucks hervor. Das passiert meist dann, wenn wir uns ärgern. Die bildreiche Geste „ich hab so einen Hals“ demonstriert dies anschaulich.
Sicherlich ärgert sich der bronzene Postberg nicht, kalte Füße dürfte er allerdings schon haben. Womit wir beim Thema wären, denn das Buch „Dicker Hals und kalte Füße“ erklärt gelebte Medizin auf humorvolle Weise. So mancher Mensch leidet unter kalten Füßen. Sprichwörtlich bedeutet dies, Angst zu haben. Körperlich zeigt sich dies in einem angespannten und daher leichter zu alarmierenden vegetativen Nervensystem. Frauen reagieren häufiger auf Kältereize wie psychischen Stress mit kalten Füßen. Bei normalgewichtigen weiblichen Schnellfrierenden ist der Anteil von Muskel- und Fettgewebe in etwa gleich, während bei schlanken Männern mehr Muckis als Plautze vorhanden ist, was warme Füße begünstigt.
Die Psyche zeigt sich vielfältig im Körper (griechisch: Soma), Ärzte behandeln oft psychosomatische Leiden. In Redensarten wie „ich fühl mich nicht wohl in meiner Haut“, „es zerreißt mir das Herz“, „ihr stehen die Haare zu Berge“, „mir platzt gleich der Kragen“, „bei denen stimmt die Chemie nicht“, „ihm sitzt ein Kloß im Hals“ zeigen Menschen, dass ihnen etwas fehlt. Der Volksmund formuliert Krankheitszeichen, die Ärzte einer Diagnose zuordnen können. Die Seele zeigt sich in Gestalt des Körpers.
Für das unterhaltsam geschriebene Buch von Sachbuchautor Walter Schmidt lassen wir gerne „Knubbel“ im Regen stehen. Hier können wir erfahren, wie Sprichwörtliches und Krankheiten zusammenhängen. Der Journalist wurde für seine Einführung in die Psychosomatik 2012 mit dem Hamburger Publizistikpreis der Stiftung Gesundheit ausgezeichnet.
Walter Schmidt: Dicker Hals und kalte Füße. Was Redensarten über Körper und Seele verraten. Wilhelm Goldmann Verlag München 2013. Das Taschenbuch kostet 8,99 Euro.
Autor:Dr. Michaela de Groot aus Bottrop |
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