Unis und Wirtschaft

Bildungshochburg Bochum | Foto: Bild: Dr. Baoquan Song
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Hochschulzukunftsgesetz:

Seit einigen Tagen kursieren die tollsten Geschichten und Anschuldigungen durch die Medien, da ein neues „Hochschulzukunftsgesetz“ etwas mehr Transparenz im Dschungel unseres unzureichenden Bildungssystems einfordert.
Ja da hat unsere liebe Frau Svenja Schulze als Wissenschaftsministerin voll ins Wespennest gegriffen und nun gehen Wirtschaft, Unternehmerverbände, Professoren und Hochschulrektoren direkt zum Angriff über.
Das zeugt anderseits davon, dass Frau Schulze noch nicht total von der Politik verdorben und auch noch nicht richtig eingekauft wurde, da sie den Mut besitzt, sich mit der mächtigen Bildungslobby anzulegen.
Dabei wollte die Wissenschaftsministerin gar nicht die skandalösen Verhältnisse in den Universitäten und Hochschulen abschaffen, was allerdings dringend notwendig wäre, sondern nur etwas mehr Licht ins Dunkel bringen.
Dazu wünschte sie etwas genauere Einsichten, wo die Steuer- und Fördergelder bleiben, um in Zukunft besser planen zu können und wie da die Einflussnahme der Wirtschaft funktioniert.
Das genügte schon, um einen Sturmlauf gegen das Gesetz zu organisieren und dies als Frontalangriff auf die angebliche Hochschulautonomie und Forschungsfreiheit auszulegen.
Das hätte man aber eigentlich bereits im Vorfeld wissen müssen, dass gerade auch im Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung, nur die Interessen des herrschenden neoliberalen Wirtschaftssystem zählen, die sich auch nicht gerne in die gezinkten Karten schauen lassen wollen.

Gather und Stiftungen:

Als Vorkämpferin der Wirtschaft hat man die äußerst visierte Professorin und Rektorin der TU-Dortmund Ursula Gather eingesetzt, die nicht nur Sprecherin der NRW-Landesrektoren ist, sondern auch ganz zufällig nach der damaligen Verleihung des Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Preises in Höhe von 850.000 DM, heute die Vorsitzende des Kuratoriums der Krupp-Stiftung ist.
Damit ist sie die Nachfolgerin des verstorbenen Patriarchen Berthold Beitz, der sie damals wohlweislich gesponsert hat und für die Vernichtung von vielen 10.000 Arbeitsplätzen, besonders bei ThyssenKrupp mit verantwortlich ist.
Somit sitzt Frau Gather, die auch Mitglied der Deutschen Akademie für Technikwissenschaft und Vorsitzende des Fördervereins des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach ist, voll an den Schalthebeln der Macht.
Die Krupp-Stiftung wie auch andere große Konzernstiftungen, haben sich schon immer im Interesse ihrer Einflussnahme für die Förderung von Wissenschaft und Bildung eingesetzt.
Besonders die mächtige Bertelsmann-Stiftung hat alle Bereiche des Bildungssektors maßgeblich mit beeinflusst und als erfolgreicher Wirtschaftslobbyist den Bildungsinhalt der Lehr- und Schulbücher mit eindeutiger politischer Zielrichtung ausgerichtet.
Denn gerade im wichtigen Bildungsbereich, wo der Staat seine hoheitliche Kompetenz und Verantwortung längst abgelegt hat, werden die Spielregeln seit Ewigkeiten von der Wirtschaft festgelegt und vorgegeben, wo für Aufklärung, Vernunft und Idealismus kein Platz ist.
Denn unsere Universitäten und Hochschulen sind nichts weiter als die bildungstechnischen Verwertungsfabriken der Konzerne und Unternehmen.
Hier finanzieren und rekrutieren sie das geistige Ausbeutungspotential der Zukunft, für ihre privatkapitalistischen Machtinteressen und der Profitmaximierung.
Außerdem gibt es ja noch die privaten Unis, die als Kaderschmiede der „Nieten im Nadelstreifen“ dienen, wo die Doktorentitel gleich mitgeliefert werden.

Studenten:

Hier geht es also nicht nur um einige fehlende Millionen in einer völlig verfehlten Bildungspolitik, sondern um Milliardengeschäfte in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung.
Ob Bio- Lebensmittel- Pharma- Rüstungsindustrie, oder andere hoch industrielle technische Konzerne, sie alle lassen in den Hochburgen der Studenten ihre Forschungsaufträge preiswert umsetzen.
Damit bezahlen sie einerseits die unterfinanzierten Bildungsstätten, leiten davon aber auch den Anspruch ab, sie für sich auszunutzen.
Gleichzeitig arbeiten sie mit großzügigen Stipendien, um die geeigneten Studenten bereits im Vorfeld an sich zu binden und setzen neoliberale Gastprofessoren ein, um das in ihrem Sinne richtige wirtschaftspolitische Verständnis zu vermitteln.
Die Studenten als junges revolutionäres Potential, die normalerweise für eine lebenswerte Zukunft kämpfen, sind bereits voll angepasst, unpolitisch und auf lukrative Jobs ausgerichtet, was schon an geistige Entmündigung grenzt.
Eigentlich müssten sich die Studentenschaft und die zuständigen Bildungsverantwortlichen der Länder, für eine gemeinsame bundesweite Bildungspolitik einsetzen mit einheitlich anerkannten Abschlüssen, anstatt durch unsinnige Sparmaßnahmen immer größere Lücken zu schaffen in denen sich die Wirtschaft einnistet.
Im Grunde genommen ist es doch überwiegend so, dass die Allgemeinheit die Kosten der Bildungspolitik trägt, wobei die Unternehmer die Ausgebildeten dankend übernehmen, um sie nachdem man sie erfolgreich ausgebeutet hat, aus Alters- Renten- und auch Gesundheitsgründen wieder an die Allgemeinheit zurückgibt, die dann wieder für sie sorgen muss.
Und jetzt wollen diejenigen Akteure, die Recht und Gesetz in ihrem Interesse beugen und missbrauchen, auch noch eine verfassungsrechtliche Klage gegen das „Hochschulzukunftsgesetz“ einreichen.
Das ist schon mehr als dreist, aber genauso naiv ist es zu glauben, die ganzen Nutznießer würden sich freiwillig an ein Gesetz halten, außer sie haben es selbst geschrieben, wie es sonst eigentlich üblich ist.

Finanzen:

Falls es wirklich die Verpflichtung zu mehr Transparenz, kontrollierbare Rahmenvorgaben, genaue Rektorengehälter, Informierung der Öffentlichkeit über Finanzierung und Forschungsvorhaben kommt, droht man bereits die Finanzmittel und Aufträge abzuziehen und woanders hinzugehen.
Die so genannten „Drittmittel“ betragen alleine in NRW bereits über 1 Milliarde Euro und mit der Argumentation, 2.500 Arbeitsplätze junger Wissenschaftler seien gefährden, hat man schon immer in der Wirtschaft mit faulen Kompromissen auch bei den Tarifverhandlungen erfolgreich gearbeitet.
Das alles wird wohl auch nicht seine Wirkung verfehlen, doch die noch größeren Probleme liegen ja eigentlich in der ganz normalen Schulpolitik und dem damit verbundenen Bildungsgefüge.
Im Grunde genommen fängt die Bildungsvorbereitung ja schon in den Kinderkrippen und Kindergärten an, wo mit ausreichenden Fachpersonal und pädagogischen Experten die Neigungen, Fähigkeiten und Talente bereits erkennbar wären.
Später könnten sie dann speziell gefördert und vor allem auch die ausländischen Kinder mit einbezogen werden, damit wenigstens hier im Vorfeld etwas an Chancengleichheit wirksam wird.
Doch die Realität sieht leider völlig anders aus, denn zu große Kindergruppen, fehlendes Personal, unterbezahlte und überforderte Kindergärtnerinnen sind wohl eher an der Tagesordnung.
Leider geht es in unserer derzeitigen Gesellschaftsordnung nicht darum, die Kinder und Jugendlichen zu eigenständig denkenden Menschen zu erziehen, sondern willige Arbeitskräfte zu schaffen die der Wirtschaft nutzbar sind.
Aufgeklärte und selbstständig denkende Menschen, die zwischen Falsch und Richtig unterscheiden können, würden diesem herrschenden System ja viel zu gefährlich werden.
Denn es könnte die unglaubliche Idee reifen, ihre Ausbeuter und Peiniger zum Teufel zu jagen.
Aber diese Angst wird wohl unbegründet bleiben, denn der Bildungsstandard unserer Bevölkerung spiegelt sich ja auch in den Wahlergebnissen nieder.
Denn solange 40 % erst gar nicht mehr wählen gehen und darauf verzichten, wenigstens eine politische Richtung vorzugeben und von den verbliebenen 60 % noch 50% ihre eigenen Gegner und Ausbeuter wählen, solange hat man auch nichts zu befürchten.

Autor:

Rolf Zydeck aus Bottrop

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