Raus aus der Abwärtsspirale - Kürzungspolitik des „Stärkungspaktes“ beenden
„Ein Vergleich des Haushaltsplans mit der Realität in unserer Stadt führt zu einer eindeutigen Diagnose: Operation gelungen, Patient tot“, sagt LINKE-Ratsherr Niels Holger Schmidt. Damit bringt er die Ergebnisse der Klausur der Bottroper LINKEN zum städtischen Haushaltsentwurf für 2018 auf den Punkt.
Offensichtlich sei es OB Tischler dem Stärkungspakt folgend gelungen, einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. „Diese Sichtweise ist aber nur durch die Brille eines Buchhalters richtig“, meint Schmidt. Denn an die Stelle der Schulden bei Banken seien nun Schulden gegenüber künftigen Generationen getreten. „Die werden schlechtere Bildungschancen vorfinden und in einer Stadt ohne funktionierende soziale und kulturelle Infrastruktur leben. In einer schrumpfenden Stadt, die für neue Einwohner und Unternehmen immer unattraktiver wird“, betont LINKE-Kreissprecher Günter Blocks.
Er verweist auf die Studie des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung zum „Stärkungspakt Stadtfinanzen“. Die Wissenschaftler hatten feststellt: durch das radikale Sparprogramm bestehe „sogar die Gefahr, dass die Konsolidierungsmaßnahmen – insbesondere die drastische Anhebung der Hebesätze in Verbindung mit Kürzungen öffentlicher Leistungen – die Wirtschaftskraft schwächen und so in eine Abwärtsspirale führen.“ Das RWI nennt namentlich Bottrop als eine der schrumpfenden Städte, die dieses Problem absehbar treffen wird.
Dementsprechend wird DIE LINKE die von der Stadtspitze geplante massive Grundsteuer B-Erhöhung im Rat ablehnen und sich am Widerstand dagegen auf allen Ebenen beteiligen. „Die Grundsteuererhöhung bedeutet Mieterhöhungen für alle: egal ob Normalverdiener, Mini-Rente oder kleine Gewerbetreibende. Gift für die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung“, stellt Schmidt fest.
Auch die BEST plant massive Gebührenerhöhungen– während Kämmerer Loeven im Haushaltentwurf die Verdopplung der Zahlungen der BEST an die Stadt auf 300.000 Euro jährlich verlangt.
LINKE fordert bessere Bildungschancen für alle
Die Abwärtsspirale hat auch das Bottroper Bildungssystem erfasst. So ist die Zahl der an Schüler ausgegebenen Mittagessen im freien Fall. Die Verwaltung rechnet an Hauptschulen nur noch mit 6000 Euro Einnahmen durch Elternbeiträge für Schulessen. Geplant waren für 2017 aber 9600 Euro, obwohl schon 2016 real nur 5500 Euro eingenommenen wurden. „Da es keinen Zuschuss für Bedürftige mehr gibt, heißt das: mehr hungrige Schülerinnen und Schüler“, betont LINKE-Kreissprecherin Nicole Fritsche-Schmidt. An Gymnasien ist der Trend gegenläufig. „Offensichtlich liegt es nicht an der Qualität des Essens, sondern am Geldmangel betroffener Familien“, so Fritsche-Schmidt. DIE LINKE beantragt daher ein kostenloses Mittagsessen für alle Schülerinnen und Schüler. Ferner sollen Gebührenerhöhungen im Bildungssystem zurückgenommen werden, etwa bei KiTas und Offener Ganztagsschule.
Mehr Personal gegen Dreckecken und Verfall
Die Abwärtsspirale zeigt sich auch im Straßenbild: „Berichte über Bottroper Dreckecken füllen ganze Zeitungsseiten. Welche junge Familie will in eine Stadt ziehen, in der die Spielplätze zuwuchern, weil städtisches Personal für die Pflege fehlt“, fragt LINKE-Bezirksvertreter Dieter Polz und weiter: „Wer kauft ein Haus in Bottrop, wenn man damit rechnen muss, dass wegen zugewachsener Kanäle der Keller vollläuft?“
Deshalb beantragt DIE LINKE, den Personalmangel bei der Stadt durch Neueinstellungen mindestens auf dem Niveau der erwarteten Überstundenzahl zu beheben. Gleiches gilt für den Nachwuchs-Mangel bei der Stadt, auf den der Personalrat hinweist. DIE LINKE beantragt daher die Erhöhung von 47 auf 60 Ausbildungsplätze.
Den Abwärtstrend in den Stadtteilen aufhalten
Auch die Abwanderung von Sparkasse und Einzelhandelsgeschäften in den Stadtteilen trägt zum Attraktivitätsverlust Bottrops bei. Daher beantragt DIE LINKE die Einrichtung eines mobilen Bürgerbüros und einer mobilen Sparkassenfiliale, wie etwa Potsdam oder die Sparkasse in Köln sie betreiben.
Mehr Wohnungen gegen die Schrumpfung
Um der vom RWI prognostizieren Schrumpfungsgefahr praktisch zu begegnen und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu bekämpfen, fordert DIE LINKE ein Wohnungsbauprogramm vor, für das 5 Millionen Euro bereitgestellt werden sollen. Die auch aktuell immer weiter sinkende Zahl von Sozialwohnungen in Bottrop macht so ein Programm unerlässlich.
Eine Stadt auch für Kultur und Freizeit
Schließlich ist aus Sicht der Sozialisten eine Verbesserung der Freizeitangebote in Bottrop notwendig, um wieder als Stadt attraktiv zu werden. „Die Runderneuerung und Aufwertung des Stenkhoffbades ist genauso notwendig wie die Wiederinbetriebnahme und Modernisierung des Saalbaus“, erklärt Dieter Polz als Vertreter der LINKEN beim Sport- und Bäderbetrieb und im Kulturausschuss. Seit der Schließung des Saalbaus sei eine massive Verarmung des kulturellen Angebotes festzustellen.
Finanzen auf solide Füße stellen
Die Finanzlage der Stadt ist trotz des scheinbaren Haushaltsausgleichs weiter prekär und etwa durch ein Ende der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank bedroht, wie die RWI-Forscher feststellen. Günter Blocks meint dazu: „Ohne eine angemessene Finanzierung der Kommunen durch Bund und Land wird das Problem nicht zu lösen sein. Hier stehen SPD und CDU in der Verantwortung.“ Das gelte nicht nur, weil sie auf kommunaler Ebene die Entscheidungsträger stellen. „Ihre Abgeordneten in Land- und Bundestag haben über Jahre mit dazu beigetragen, dass die Kommunalfinanzen ausbluten“, so Blocks weiter. Trotz vollmundiger Ankündigungen im Wahlkampf verfolge die neue CDU/FDP-Landesregierung den ruinösen Kurs ihrer SPD-Grünen Vorgänger weiter.
Dennoch sieht Blocks auch Möglichkeiten für Einnahmeverbesserungen vor Ort: So fordert DIE LINKE, endlich zwei kommunale Gewerbesteuerprüfer einzustellen. Dadurch ist nach den Erfahrungen anderer Kommunen mit etwa 720.000 Euro Mehreinnahmen pro Jahr zu rechnen. Ferner beantragen die Sozialisten das Vorziehen der für 2020 vorgesehenen Erhöhung der Vergnügungssteuer (2,2 Millionen Euro Einnahmen jährlich).
Opfern des Apotheken-Skandals helfen
Angesichts des Skandals um in Bottrop gepanschte Krebsmedikamente verlangt DIE LINKE Verbesserungen in der Apothekenaufsicht. Die Stadt stehe aber auch in der Verantwortung, sich um die Opfer dieses Skandals und deren Hinterbliebene zu kümmern: Auch deshalb, weil der angeklagte Apotheker über viele Jahre enge Beziehungen zu den Entscheidungsträgern der Stadt bis hinauf zum Oberbürgermeister und zu Vertretern der beiden in Bottrop dominierenden Parteien hatte. Ferner war er mit der städtischen Sparkasse stark geschäftlich verbunden. Daraus erwächst nach Auffassung der LINKEN eine besondere Verantwortung der Stadt.
Autor:Niels Schmidt aus Bottrop |
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