LINKE schreibt in Sachen Stadtfinanzen selbst an die Landesregierung
DIE LINKE im Rat der Stadt hat entschieden, keinen Brief in Sachen Kommunalfinanzen an die Landesregierung zu unterzeichnen, der auch vom Vertreter der rassistischen AfD unterschrieben wird. Die Ratsmitglieder der LINKEN wenden sich stattdessen mit einem eigenen Schreiben gleicher Zielrichtung an die Landesregierung. Das Schreiben enthält eine zusätzliche Passage, die gegen die rassistische Hetze der AfD im Zusammenhang mit der Frage der Haushaltgestaltung Stellung nimmt.
Dazu erklärt Niels Holger Schmidt, Sprecher der LINKEN im Rat: „Die AfD hat sich mit ihrer Hetze gegen Menschen auf der Flucht nach Kräften um die Vergiftung des Klimas in der Stadtgesellschaft, gerade gegenüber Geflüchteten, bemüht. Ihre Unterschrift unter ein Schreiben, in dem genau das beklagt und in dem ‚ein friedliches Miteinander’ gefordert wird, ist daher ein Akt der Heuchelei. Die AfD zeigt damit neuerlich, dass sie zu Fragen, die das Wohl der Bottroper Bevölkerung betreffen, ein rein instrumentelles Verhältnis hat. Daher verbietet sich für uns eine Erklärung unter Mitwirkung dieser Gruppierung, obwohl wir das Anliegen einer nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung mit allen demokratischen Kräften im Rat teilen. Daher haben wir uns entschlossen, uns gesondert an den Ministerpräsidenten zu wenden.“
Schmidt verweist in dem Zusammenhang auf einen Beschluss des Parteivortandes der LINKEN. Dieser hatte betreffend den Umgang mit der AfD jüngst festgestellt:
„Wir betreiben eine klare politische und organisatorische Abgrenzung gegenüber der AfD. Wir werden ... keine gemeinsamen Anträge einreichen, wir werden konsequent gegen Anträge der AfD stimmen, keine gemeinsamen Erklärungen abgeben, keine Unterstützung in Personalangelegenheiten gewähren oder annehmen... Wir werden für einen Kurs der strikten Abgrenzung, der im Idealfall in einer politischen Isolierung der AfD endet, bei anderen Fraktionen, Parteien, Stiftungen, Organisationen und in der Öffentlichkeit werben. Die AfD wird in uns ihre entschiedenste Gegnerin haben."
Dazu Schmidt: „Diesen Beschluss befürworten wir und fühlen uns daran gebunden. Nachdem es nicht möglich war, eine andere Lösung betreffend das Schreiben mit anderen demokratischen Parteien zu finden, haben wir entschieden, den nun eingeschlagenen Weg zu gehen.
Bottrop, den 01.02.18
Haushalt 2018 und kommunale Finanzsituation in Bottrop
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Laschet,
sehr geehrte Frau Ministerin Scharrenbach,
am 12. Dezember 2017 hat der Rat der Stadt Bottrop den Haushalt für das Jahr 2018 mit knapper Mehrheit - gegen unsere Stimmen - beschlossen.
Dem Beschluss war eine besonders kontroverse Diskussion in den politischen Gremien und in der Stadtgesellschaft vorausgegangen.
Hintergrund war die durch die Verwaltung vorgeschlagene und im Haushaltsanierungsplan vorgesehene deutliche Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes.
Hierdurch hatte der Kämmerer den notwendigen Haushaltsausgleich erreicht. Diese zusätzliche Maßnahme war aus Sicht der Verwaltung trotz erheblicher Konsolidierungserfolge aus den Maßnahmen des Haushaltssanierungsplanes erforderlich, weil im Vergleich zu 2017 erhebliche Haushaltsbelastungen eingetreten sind, die in dieser Größenordnung in der Finanzplanung nicht berücksichtigt waren. Sie haben ihre Ursachen u.a. in der fehlenden Finanzierung geduldeter Flüchtlinge, der immer noch bestehenden Mehrbelastung des kommunalen Haushaltes aus der Kita-Finanzierung sowie durch erneut steigende Kosten der wirtschaftlichen Jugendhilfe, die allein aus dem städtischen Haushalt getragen werden.
Mehr als 10.000 Bürgerinnen und Bürger haben sich in einer Unterschriftenaktion gegen die Grundsteuererhöhung ausgesprochen. Auch große Teile der Politik – darunter wir – haben sich ebenfalls dagegen ausgesprochen. Die übrigen Parteien haben diese Entscheidung mit dem Beschluss zum Haushalt 2018 nur mit erheblichen Bedenken mitgetragen.
Die nicht auskömmliche Flüchtlingsfinanzierung, insbesondere für geduldete Flüchtlinge (deren Zahl im Verhältnis gegenüber erstattungsfähigen Asylbewerbern massiv angestiegen ist) hat dabei nicht nur zu einer Verschärfung der politischen Argumentation geführt.
So wurde von Teilen der Politik auch die Forderung gestellt, statt den Haushalt zu beschließen, juristisch gegen die als ungerecht und unzureichend empfundene Finanzierung und die daraus resultierenden Haushaltsforderungen vorzugehen. Unabhängig von der jeweiligen juristischen Bewertung besteht das deutliche Unbehagen und die politische Ablehnung, dass Zusatzbelastungen aus der Wahrnehmung von Landes- und Bundesaufgaben mit einer Erhöhung der Gemeindesteuern finanziert werden müssen, parteiübergreifend bei allen politischen Vertretern.
Wir als Mitglieder des Rates der Stadt Bottrop appellieren daher eindringlich an das Land, seinen Verpflichtungen zur auskömmlichen Finanzierung der von der Kommune wahrgenommenen Landes- und Bundesaufgaben nachzukommen. Auch einer unmittelbaren Finanzierung von Bundesausgaben durch den Bund im Wege der Auftragsverwaltung steht die Politik in den Kommunen im Gegensatz zu einigen Ländern durchaus offen gegenüber.
Wir fordern die Landesregierung auf, die finanziellen Belange der nordrhein- westfälischen Kommunen, hier besonders der stark strukturell unterfinanzierten Städte, in den jetzt laufenden Verhandlungen in Berlin nachdrücklich zu vertreten und auch im Land selbst, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen.
Hierzu zählen aktuell vor allem:
• eine auskömmliche Flüchtlingsfinanzierung, auch der geduldeten Flüchtlinge, deren Rückführung der Stadt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist,
• die Weiterleitung der Bundeszuschüsse zur Finanzierung der Integrationskosten,
• eine Entlastung der Kommunen bei der wirtschaftlichen Jugendhilfe,
• landesseitig eine deutlichere Unterstützung bei der durch die Inklusion verursachten Kosten,
• eine KiTa-Finanzierung, die zusätzliche finanzielle Beiträge der Stadt an freie Träger, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen, entbehrlich macht,
• eine Verbesserung der Krankenhausfinanzierung ohne zusätzliche kommunale Finanzierungsanteile.
Nur allein diese - aus hiesiger Sicht gut begründbaren - Forderungen würden die kommunale Haushaltslage hier vor Ort deutlich stabilisieren.
Dabei ist von besonderer Bedeutung für die Schuldensituation unserer Städte, dass nicht nur bilanzielle Entlastungen, wie jetzt im Zusammenhang mit der 2. Evaluierung des NKF angedacht sind, erfolgen, sondern tatsächliche Kosten, die durch Bundes- und Landesaufgaben auf die Kommunen zukommen, getragen und die damit verbundenen Ausgaben finanziert werden.
Nur so lässt sich eine neue Kassenkreditverschuldung verhindern und mittel- und langfristig eine Entschuldung der Städte mit starker Kassenkreditbelastung erreichen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Frau Ministerin,
mit Sorge beobachten wir die Folgen der seit Jahren bestehenden finanziellen Disparitäten und des zunehmenden Ungleichgewichtes der Lebensverhältnisse innerhalb der Städte, aber auch zwischen den Städten und Regionen.
Stabile politische Verhältnisse und ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft lassen sich nur auf kommunaler Ebene erreichen. Dieses Ziel sollten Bund, Land und Kommunen gemeinsam verfolgen.
Wir fordern Sie daher eindringlich auf, die Finanzsituation der Kommunalen Familie nachhaltig zu verbessern.
Ein inhaltlich gleichlautendes Schreiben geht Ihnen von Seiten anderer Parteien im Rat der Stadt Bottrop zu. Da dieses Schreiben auch vom Vertreter der rechtsradikalen AfD unterzeichnet wurde, war uns eine Unterzeichnung nicht möglich, obwohl wir die Anliegen des Schreibens teilen. Die AfD hat sich mit ihrer Hetze gegen Menschen auf der Flucht nach Kräften um die Vergiftung des Klimas in der Stadtgesellschaft, gerade gegenüber Geflüchteten, bemüht. Ihre Unterschrift unter ein Schreiben, in dem genau das beklagt und in dem „ein friedliches Miteinander“ gefordert wird, ist daher ein Akt der Heuchelei. Daher verbietet sich für uns eine Erklärung unter Mitwirkung dieser Gruppierung, obwohl wir das Anliegen einer nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung mit allen demokratischen Kräften im Rat teilen. Daher haben wir uns entschlossen, uns gesondert an Sie zu wenden.
Zu persönlichen Gesprächen stehen wir gerne zur Verfügung.
Niels Holger Schmidt Christoph Ferdinand
Mitglied des Rates der Stadt Mitglied des Rates der Stadt
Autor:Niels Schmidt aus Bottrop |
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