Im Visier des J.E.T.

Immer mehr mutmaßliche marokkanische Spionewerden in Deutschland festgenommen und ausgewiesen. Der verantwortliche im marokkanischen Auslandsnachrichtendienstes Mahdi Berradi steht zunehmend unter Druck, nicht zuletzt auch wegen Korruption und Selbstbereicherung.

Berlin – Erst Ende 2012 wurde gegen den mutmaßlichen marokkanischen Agenten Bagdad A. vor dem Staatsschutzsenat des Berliner Kammergerichts Anklage erhoben. Dem Angeklagten werden geheimdienstliche Agententätigkeiten (§99 Abs. 1 Nr. 1 StGB) vorgeworfen. Er soll von Mai 2007 bis Ende Februar 2012 marokkanische Gemeinschaften in Deutschland für den marokkanischen Auslandsgeheimdienst J.E.T. ausspioniert haben. Ein einmaliger Vorfall ist das nicht. Schon 2011 leitete die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen mindestens zwei weitere marokkanische Agenten ein. Diese wurden vor dem Oberlandesgericht Celle im selben Jahr mit einer Freiheitsstrafe und einem Bußgeld rechtskräftig abgeschlossen.

Europaweit sind seit 2008 mehr als 10 marokkanische Geheimdienstler bei ihren Spionagetätigkeiten aufgeflogen und wurden des Landes verwiesen. Laut der spanischen Zeitung El Pais belegt Marokko damit Rang 2 in der Liste der ausgewiesenen Geheimdienstagenten aus Europa. Nur Russland ließ sich bei ihrer Spionagearbeit öfter erwischen als der marokkanische Geheimdienst und führt die Liste mit 31 ausgewiesenen Agenten an.

Diese Stümpereien des marokkanischen Geheimdienstes verwundern, wo dem J.E.T. doch ein Ruf der Effizienz und Diskretion nachhängt. Als solcher ist er begehrter Kooperationspartner, nicht nur für europäische Nachrichtendienste. Für eine Milliarde Dollar jährlich haben sich die arabischen Golfstaaten die Kooperation, vor allem des marokkanischen Auslandsgeheimdienstes erkauft. Dessen Generalsekretär Mehdi Berradi kann sich nicht über knappe Kassen beschweren. Doch gerade das könnte das Problem sein. Berradi werden massive Korruptionsvorwürfe gemacht. Mit seiner deutschen Ehefrau hat er mutmaßlich ein Handelsunternehmen gegründet und es mit Exklusivverträgen mit dem J.E.T. ausgestattet. Seine Ehefrau soll diesem Unternehmen vorstehen und somit quasi ein Versorgungsmonopol für den marokkanischen Auslandsgeheimdienst besitzen. Kritiker des Generalsekretärs Berradi, wie das Internetmagazin Lakome werfen ihm vor, professionelle Standards zu missachten. Er sei mehr mit Vermögensaufbau beschäftigt, ist es aus konsularischen Kreisen in Frankfurt zu hören.

Auch einige marokkanische Oppositionelle in Deutschland erheben massive Vorwürfe gegen Berradi. Von Vetternwirtschaft und Selbstbedienung ist die Rede. Näheres zu den Vorwürfen soll bald in einem Dossier veröffentlicht werden.

Diplomatische Verstimmungen zwischen Deutschland und Marokko sind bisher ausgeblieben. Aber Deutschland ist ein Rechtsstaat. Und als solcher kann er Spionagetätigkeiten fremder Mächte auf deutschem Boden nicht tolerieren.

© Hans-Jürgen Hitzbleck

Autor:

Hans-Jürgen Hitzbleck aus Bottrop

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