IKEA sagt Neubau in Bottrop ab / Zu weit weg von der Innenstadt Tischler bedauert Absage

IKEA macht Rückzieher in Bottrop und anderswo. | Foto: Kappi

Dem Ikea-Haus in Bottrop erteilte gestern Johannes Ferber, Expansionschef von Ikea Deutschland, eine klare Absage.
Ikea strebe eine bessere Kundennähe an und suche dafür Standorte in den Stadtzentren. Abseits gelegene Ansiedlungen ohne gute ÖPNV-Anbindung seien nicht mehr zukunftsfähig, so Färber. Die Schweden sehen ihre Zukunft in den Metropolregionen und Innenstädten. Dort könnten auch Kunden ohne Auto Ikea erreichen. 

Ikea wollte eigentlich am Kraneburger Feld ein neues Möbelhaus bauen. Dort steht ein 40 Hektar großes Gewerbegebiet zur Verfügung. 

In einer Mitteilung des Untenehmens heißt es: 

IKEA wird bei seiner weiteren Expansion in Deutschland künftig den Fokus auf Metropolregionen und Innenstädte legen. "Die Einzelhandelslandschaft und die Kundenbedürfnisse sind im Umbruch. Um auch weiterhin die Erwartungen unserer Kunden bestmöglich zu erfüllen, wollen wir in Zukunft auf flexiblere Konzepte setzen. Deshalb ändern wir unsere bisherige Expansionsstrategie und werden uns auf Standorte nahe der Stadtzentren konzentrieren", erläutert der Expansionschef von IKEA Deutschland, Johannes Ferber, die Hintergründe der Neuausrichtung.
Diese wird jedoch nicht nur einen Einfluss auf die Standortauswahl, sondern auch auf das Format künftiger Einrichtungshäuser haben. "Wir wollen näher zu unseren Kunden kommen und werden in Deutschland weiter wachsen. Allerdings sieht unser neuer Ansatz anders aus als bisher. Wir denken vor allem an individuelle Konzepte, die sich perfekt in den innerstädtischen Raum einfügen, und an Standorte, die auch ohne Auto gut erreichbar sind. Dabei wollen wir auch die Erfahrungen einfließen lassen, die wir mit unserem City-Store in Hamburg-Altona gesammelt haben. Gut vorstellen können wir uns ebenfalls Modelle, bei denen wir gemeinsam mit Partnern weitere Nutzungsmöglichkeiten schaffen, etwa in den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Freizeit oder Kultur."

Online Umsatz wächst zweistellig

Der Online-Umsatz von IKEA Deutschland ist in den vergangenen Jahren deutlich zweistellig gewachsen. "Wir gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzen wird und investieren deshalb maßgeblich in die dafür benötigte Infrastruktur, zum Beispiel durch den deutschlandweiten Ausbau von IKEA eigenen Kundendistributionszentren", sagt Ferber. Das erste Verteilzentrum entsteht derzeit im niedersächsischen Elsdorf, gleichzeitig ist IKEA bereits auf Standortsuche in weiteren Metropolregionen. Die Kundendistributionszentren sind ein wichtiger Baustein, um die Lieferzeiten für Online-Bestellungen deutlich zu verkürzen.
Die bereits bestehenden IKEA Standorte sowie der derzeit laufende Bau des 54. deutschen Einrichtungshauses in Karlsruhe, das sich in einer innenstadtnahen Lage befindet, sind von der Neuausrichtung nicht betroffen. "Auch wenn wir uns für die Zukunft neu aufstellen wollen, bleiben unsere Einrichtungshäuser ein entscheidender Bestandteil unserer Multichannel-Strategie. Denn unsere Kunden möchten sich dort inspirieren und beraten lassen, Produkte ausprobieren und anfassen – und anschließend die Ware vielleicht online bestellen. Genauso wissen wir, dass viele Besucher sich vorab online informieren und dann ins Einrichtungshaus kommen, um ihren Einkauf gleich mitzunehmen. Wichtig ist für uns deshalb die enge Verknüpfung des stationären und des Online-Handels."

Bottrop zu dezentral 

Auswirkungen hat die aktuelle Entwicklung der Expansionsstrategie allerdings auf einige bereits geplante Einrichtungshäuser: So wird IKEA das geplante Haus in Bottrop nicht weiter verfolgen. Diese Entscheidung liegt vor allem in der dezentralen Lage des Grundstücks abseits des Stadtzentrums begründet. Im Ruhrgebiet plant IKEA neben dem Neubau des bestehenden Hauses in Essen eine weitere Neuansiedlung in den Städten Bochum oder Herne, ein zusätzlicher Standort in Castrop-Rauxel ist hingegen nicht mehr in Planung.

Gesellschaftliche Veränderungen berücksichtigt

"Wir berücksichtigen bei unseren Planungen die gesellschaftlichen Veränderungen", erklärt Chantal Gilsdorf, Sprecherin Expansions-PR, heute morgen auf Nachfrage. "Bottrop wäre ein reiner Autostandort geworden. Aber immer mehr Menschen verfügen nicht über ein Fahrzeug oder einen Führerschein." Deswegen sei Bottrop, wie viele andere Standorte auch, gestrichen worden. "An der Stadt hat es nicht gelegen. Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung war sehr gut", so die Sprecherin.
Zusätzlich sei der gestiegene Onlinehandel Grund für die Absages. "In den vergangenen Jahren verzeichneten wir Zuwächse zwischen 20 und 30 Prozent." Diese Tendenz werde sich weiter fortsetzen. IKEA müsse darauf reagieren. "Unser Ziel ist, dass die Kunden drei Tage nach der Onlinebestellung ihre Ware erhalten", so Gilsdorf. Derzeit warten die Kunden noch bis zu zehn Tagen. Das Ruhrgebiet werde vom  Kundendistributionszentrum in Dortmund versorgt.

Stadt Bottrop bedauert Absage von IKEA

"Das Gewerbegrundstück am Kraneburger Feld soll jetzt mit alternativen Ansiedlungen schnellstmöglich entwickelt werden", teilte die Stadt mit.

Der Möbelkonzern IKEA hat nach intensiven Abwägungen die Entscheidung getroffen, das geplante Einrichtungshaus in Bottrop nicht zu bauen. Als Grund nannte IKEA eine Neuausrichtung des Unternehmens in der Standortpolitik.
Oberbürgermeister Bernd Tischler wurde vorab über die Entscheidung des Unternehmens informiert. Das Thema wird im kommenden Planungsausschuss am 12. April dargestellt und diskutiert. Für IKEA waren mehrere Gründe für die Entscheidung ausschlaggebend.

"Wir erleben in Deutschland den Trend zur Urbanisierung und der Konzentration auf Ballungszentren. Immer mehr Menschen verzichten auf ein eigenes Fahrzeug. Deshalb wollen wir neue Formate entwickeln, um insbesondere auch ein autofreies Einkaufen möglich zu machen", sagt Johannes Ferber, Expansionschef bei Immobilien & Expansion IKEA Deutschland.

"Wir werden uns bei unseren künftigen Neuansiedlungen in Deutschland deshalb insbesondere auf individuelle Konzepte in zentralen Lagen innerhalb der Metropolregionen und Innenstädte konzentrieren. Vor dem Hintergrund des deutlich zunehmenden Anteils des Online-Handels wollen wir außerdem noch stärker in die dafür benötigte Infrastruktur investieren, etwa durch den Ausbau von Verteilzentren zur direkten Kundenbelieferung."

Neben dem deutlich gestiegenen Online-Umsatz bei IKEA seien die dezentrale Lage abseits des Stadtzentrums und externe Faktoren wie der geplante Autobahnbau die wesentlichen Gründe für die Absage. Die strategische Neuausrichtung betreffe nicht nur das projektierte Möbelhaus in Bottrop, sondern auch weitere Standorte in ganz Deutschland, hieß es aus der Unternehmenszentrale. IKEA betonte aber auch die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Bottrop und mit allen an dem Großprojekt beteiligten Akteuren.

Oberbürgermeister enttäuscht 

Oberbürgermeister Tischler zeigte sich enttäuscht, dass die bereits weit fortgeschrittenen Planungen völlig unerwartet von IKEA beendet werden. Auch Tischler betont, dass es bis zuletzt eine außerordentlich kooperative Zusammenarbeit gegeben habe. Er kündigt an, dass Vertreter von IKEA im Planungsausschuss am Donnerstag, 12. April 2018, die Hintergründe für die jetzt erfolgte Absage erläutern werden.

Für die Bottroper Gewerbefläche am Kraneburger Feld sieht Tischler unverändert gute Möglichkeiten, den Standort relativ kurzfristig für gewerbliche Nutzungen zu entwickeln. Die Lage sei hervorragend, wesentliche Fragen zur Flächenentwicklung seien aufgrund der bisher gemeinsam mit IKEA vorangetriebenen Planungen bereits geklärt und die verkehrliche Erschließung stelle für rein gewerbliche Ansiedlungen keine vergleichbar große Hürde dar, wie für ein Möbelhaus, so Tischler.

Autor:

Lokalkompass Bottrop aus Bottrop

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