Hochschule ohne Tiefgang
Wer sich schon gefreut hat, dass Bottrop eine renommierte vorbildliche Bildungseinrichtung erhält, den muss man leider enttäuschen.
Denn bei genauerem Hinsehen kommen erhebliche Zweifel auf, da aus dem ursprünglichen Planungsvorhaben bereits im Vorfeld einige gravierende Dinge aus ökonomischen Sparzwängen zusammengestrichen wurden.
Noch bevor der Hochschulbau überhaupt beginnt, wird er schon zum Provisorium degradiert, wo der Misserfolg bereits vorprogrammiert ist.
Wie ist es sonst zu verstehen, wenn eine Fachhochschule die sich als Lehrziel die Nutzung regenerativer Energie und Umwelttechnologie auf die Fahnen geschrieben hat, ihre eigenen Lehrinhalte der Energieinformatik total gegen jegliche Vernunft und Erfahrung selbst nicht einsetzt.
Wenn jetzt schon aus planerischen und finanztechnischen Bedenken das funktionale und ökologisch sinnvolle Projekt beschnitten wird, ist es an Kurzsichtigkeit und Unfähigkeit kaum mehr zu überbieten.
Das wäre genauso, als wenn der Formel 1-Weltmeister ganz stolz seinen neuen Rennwagen vorstellt und erklärt, aus Kostengründen hätte man zwar die Räder eingespart, aber sonst fährt der Schlitten garantiert über 350 km/h.
Gerade hat man die vorbildliche Photovoltaikanlage auf dem Marienhospital und auf anderen öffentlichen Einrichtungen in höchsten Tönen gelobt, da sie den eigenen Energiebedarf komplett abdecken, wird beim HRW-Projekt wo es sich geradezu anbietet, großzügig darauf verzichtet.
Auch die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung und Bepflanzung wird nicht genutzt, obwohl sie von den Projektplanern empfohlen wurde, um eine sinnvolle Kombination mit der angestrebten Dach- wie auch Fassadenbegrünung einzugehen und zugleich die Kanalisation zu entlasten.
Wünschenswert wäre es sogar gewesen, die ganze obere Etage als Natur-Wintergarten mit Blumen, Pflanzen und Sträuchern auszubauen, um nicht nur die Sonne einzufangen, sondern auch ausreichend Raum für Ruhe, Erholung und Literaturstudium zu schaffen.
Aber anstatt weitsichtig und vernünftig zu Handeln, wird der sinnvolle Öko-Kreislauf von Bepflanzung, Regenwasser und Solaranlage gestrichen.
Sogar die WAZ schrieb zu diesem Thema und der halbherzigen Vorgehensweise so schön mit der Überschrift: „Kein Platz für Ranken und Fledermäuse“, obwohl ich mir als Fledermaus auch einen besseren Ort ausgesucht hätte.
Aber das ist noch lange nicht alles, denn der größte Hammer ist wohl die Ablehnung einer dringend erforderlichen Tiefgarage direkt unter dem Hochschulgebäude.
In allen Studenten-Städten ist die Parkplatznot ein altbekanntes Urproblem und gerade unmittelbar am Berufskolleg und der nahen Innenstadt wäre dies dringend erforderlich.
Allein bei derzeitigen Planzahlen von 500 Studenten, obwohl man auch schon etwas vom Endstatus mit 900 Studierenden lesen konnte, müssten mindestens 600 Autostellplätze unter Berücksichtigung des Umfeldes bereitgestellt werden.
Wenn die bisherigen Prognosen für den Parkplatzbedarf nämlich genauso zutreffen wie die unberücksichtigten Studentenzahlen, die nun in Kinosälen, Autohäusern und Baumärkten ihre Vorlesungen entgegennehmen, wissen wir was auf uns zukommt.
Auch wenn es wünschenswert wäre, dass die Studenten mit dem Fahrrad oder den ÖPNV anreisen würden, oder ein S-Bahn Anschluss im Keller der Hochschule nutzen könnten, sieht die Realität leider ganz anders aus.
Da sehe ich schon die Studenten stundenlang herumirren und ihren Sprit sinnlos verbrauchen, während auf den Seminarplätzen der Zettel liegt: “Tut mir leid, suche noch einen Abstellplatz.“
Dies steht natürlich wieder einmal im völligen Widerspruch zu der anspruchsvollen Zielsetzung einen „Campus mit Zero-Emissions-Status“ zu bauen.
Dieser hochtrabende Begriff beinhaltet nämlich den Sinn, die Gesamtanlage einer Hochschule ohne schädliche Emissionen für die Umgebung zu führen.
Hier werden mal wieder alle Fehler gemacht die möglich sind, und wie sagte Hans Krailsheimer ein alter Aphoristiker so zutreffend: „Zu mancher richtigen Entscheidung kam es nur, weil der Weg zur falschen gerade nicht frei war.“
In Bottrop geht man da wohl lieber den umgekehrten Weg, indem man ein noch nicht gebautes Projekt bereits zum Vorzeigemodell macht, wie man es auf keinen Fall durchführen sollte.
Anstatt sich ein Beispiel an der erfolgreichen Bottroper Schulkampagne „Schule der Zukunft-Bildung für Nachhaltigkeit“ zu nehmen, scheinen die verantwortlichen Planer und Politiker zu diesem Thema im Schulunterricht gefehlt zu haben.
Obwohl sich die Parteien Förderung und gerechte Bildungschancen als Schwerpunkt gesetzt haben und die GEW nochmals auf die Defizite im Bottroper Bildungs- und Schulwesen hingewiesen haben, wird sich wahrscheinlich nichts ändern, denn der Bildungsstandard der Verantwortlichen gibt wahrscheinlich so wie es aussieht einfach nichts anderes her.
Eine etwas seltsame Art und Weise den Kindern und Jugendlichen beizubringen dass ihnen die Zukunft gehört, wenn man selbst mit schlechtem Beispiel vorangeht.
Da lässt sich die Stadt lieber von dem Kölner Fachmagazin für Immobilienmanager einen Awards für die umweltfreundliche Innovation City verleihen, wo die gewinnträchtigen Erwartungen der Branche bereits im Namen selbst enthalten sind.
Aber zu den ganzen Unzulänglichkeiten bahnt sich ein noch weit größeres Problem an.
Es geht um den Bauträger und die Finanzierung des ganzen HRW-Projekts.
Wenn ich alleine den Entwurf der Arbeitsgemeinschaft Gessert und Randecker und Legner und Vögele und Kaufer und Passer und einer Planungsgruppe aus Oberhausen sehe, habe ich schon ein echt komisches Gefühl, denn alle wollen ja daran verdienen.
Bisher sind offiziell 22 Mio. für den Hochschulbau an der Hans-Sachs-Straße Ecke Lützowstraße vorgesehen, doch bei den üblichen Kostenerhöhungen könnten es wahrscheinlich auch einige Milliönchen mehr werden.
Noch bedeutend teurer könnte es aber noch werden, wenn der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) der als zuständiger Bauträger in zahlreichen Korruptionsskandalen verwickelt ist, mit ähnlichen Methoden auch das Bottroper Hochschulprojekt betreut.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nämlich derzeit gegen 14 Personen wegen Vorteilnahme in Millionenhöhe, wo es nicht nur um Bestechung, sondern auch um Parteispendenskandale geht.
Hier scheint der Bau- und Liegenschaftsbetrieb mit einem ganzen Personennetzwerk zwischen Anwaltskanzleien, Baugesellschaften und Grundstücksspekulanten zusammengearbeitet zu haben.
Alleine beim Bau des Kölner Polizeipräsidiums (wie passend) wurde dem Land NRW ein Schaden von über 60 Mio. Euro zugefügt.
Weitere Skandalprojekte sind der Landesarchivbau in Duisburg, die Fachhochschule in Köln und auch im Duisburger City-Palais soll man die Finger im Spiel gehabt haben.
Bei solch zweifelhaften Machenschaften bleiben noch viele Fragen offen, z.B. wie das Bottroper Grundstück in die Kalkulation eingebracht wurde und welche Verträge bisher mit welchen Garantien und Folgekosten unterzeichnet wurden und wer dafür im Endeffekt haftbar gemacht werden kann.
Spätestens wenn es soweit ist, werden wir dann wieder von den Verantwortlichen, oder von der Staatsanwaltschaft hören.
Autor:Rolf Zydeck aus Bottrop |
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