Endlich wieder Herr im Haus
Es ist die berühmte Entscheidung zwischen Pest und Cholera: Die Stadt kann mit ihren aktuell knapp 40 Millionen Euro Schulden weitermachen wie bisher und auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Oder sie nimmt am „Stärkungspakt“ des Landes teil - der es aber auch in sich hat.
„Wir sind davon überzeugt, dass unsere Finanzlage so gravierend ist, dass wir dem Stärkungspakt beitreten müssen“, sagen Oberbürgermeister Bernd Tischler und Kämmerer Willi Loeven. Die Alternative sei, mit einem überschuldeten Haushalt ohne jeden Gestaltungsspielraum für die Stadt weiter zu machen, erklärt Bernd Tischler. „Das bedeutet nicht nur: keine weiteren Investitionen, sondern auch nicht die Möglichkeit, Fördertöpfe anzuzapfen.“ Denn dafür muss die Kommune einen Eigenanteil erbringen, den sie nicht zur Verfügung hat.
Rund 60 Millionen Euro gibt es verteilt über die Jahre bis 2020 vom Land, die Bedingung dafür lautet: Spätestens 2018 muss Bottrops Haushalt ausgeglichen sein. Und das lässt sich nicht mit dem Drehen an kleinen Stellschrauben erreichen, die Einsparungen müssen umfangreich und nachhaltig sein.
Oberbürgermeister und Kämmerer sagen daher ganz offen, dass es nun nicht mehr nur um das Kürzen der freiwilligen Leistungen gehen könne, sondern dass auch über die Kappung bei Pflichtaufgaben nachgedacht werden müsse. Das Ziel lautet, ab dem Jahr 2019 jährlich 11,2 Millionen Euro weniger auszugeben als bisher. Ein wenig von ihrem Schrecken verliert diese Zahl wenn man einrechnet, dass die Stadt dann durch die sinkende Aufnahme von Kassenkrediten deutlich weniger Zinsen zahlen muss als heute.
In seiner Sitzung am 13. März wird der Rat der Stadt über einen Beitritt zum Stärkungspakt entscheiden. Dies dürfte aber nur noch Formsache sein, denn bereits in der letzten Zusammenkunft des Hauptausschusses hat sich die Mehrheit dafür ausgesprochen. SPD, CDU und ödp stimmten mit Ja, FDP und Grüne enthielten sich, mit Nein votierten die DKP und Die Linke.
Danach werden die Fachämter im Rathaus sich darüber den Kopf zerbrechen, wo sie weitere Einsparpotenziale erschließen können. Das wird, so kündigt der Oberbürgermeister an, auch nicht die Stellensituation bei der Verwaltung ausklammern. „Wir sind aber zuversichtlich, dies ohne betriebsbedingte Kündigungen zu schaffen“, sagt Bernd Tischler.
Für die Bürger heißt das Anziehen der Ausgabenbremse unter anderem auch, dass in Zukunft mehr Eigeninitiative nötig sein wird. Zeit also, über eine häufigere Aktion wie „Bottrop putzt“ nachzudenken oder die Grünanlage vor der Haustür mit dem eigenen Gartenschlauch zu wässern.
Bei solch einem Kraftakt werden möglichst viele Mitstreiter benötigt. So will die Stadt unter anderem in Bürgerversammlungen und auf ihrer Internetseite informieren. Die Bottroper haben außerdem die Möglichkeit, ihre eigenen Sparideen beizusteuern.
Der Antrag auf Teilnahme am Stärkungspakt muss bis Ende März gestellt werden.
Im Mai oder Juni fällt die Entscheidung, ob Bottrop dabei ist.
Der Rat der Stadt fasst dann im Herbst 2012 den Sanierungsplan.
Autor:Judith Schmitz aus Bottrop |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.