Pointen aus Stahl
Glosse: Freidenken for Future

Man hat gemerkt, dass Osterferien waren. Viele Jugendliche hatten keine Zeit mehr für Fridays for Future – vielleicht, weil sie mit dem Flugzeug zum Flatrate-Saufen nach Malle mussten (Scheiß drauf, Abi ist nur einmal im Jahr!).
Aber klar, man kann auch mal eine Feiertagspause einlegen. Für die Christen war Karfreitag quasi immer schon der Friday for Future (after life). Doch zum Ende der Ferien haben die Kids schon wieder Gas gegeben, auch wenn die Metapher in diesem Zusammenhang etwas unpassend scheint.

Grundsätzlich ist der Protest positiv, aber viele Fragen zum Klimawandel sind doch noch gar nicht geklärt, zum Beispiel: Wenn Europa zum Teil überflutet wird, bleibt Deutschland dann eine Service-Wüste? Und muss man dem Klimawandel nicht auch positive Aspekte abgewinnen können? Wenn der Meeresspiegel steigt, kann uns Holland bei einer WM nicht mehr gefährlich werden. Für uns im Ruhrgebiet wird der Weg zur Nordsee dann noch kürzer. Keine lästigen Baustellen mehr in der Kölner Innenstadt, weil es nur noch Wasserstraßen gibt. Köln wird das Venedig an der Nordsee, und der Gondoliere singt Lieder auf Kölsch von Willy Millowitsch: Heidewitzka, Herr Kapitän. Okay, das will keiner. Wir müssen was gegen den Klimawandel tun!
Das kann jeder im Kleinen. Das Stichwort lautet Kompensationsanbieter. Das ist nichts anderes als ein moderner ökologischer Ablasshandel. Man hat zum Beispiel am Sonntagmorgen eine so große Brötchentüte, dass man mit dem SUV zum Bäckern 30 Meter um die Ecke fahren muss, und kann das dann ausgleichen, indem man über eine Internetplattform spendet für Ökoprojekte, die wiederum an anderer Stelle CO2 einsparen. Man verpestet also die Luft mit dem Diesel, spendet aber für den Bau von Windkraftanlagen, die Vögel und Insekten schreddern. So haben alle was davon. Man kann natürlich auch selbst kreativ werden. Was ist zum Beispiel mit einem Webergrill mit Durchlauferhitzer? Man grillt die Billig-Würstchen vom Discounter, aber erhitzt gleichzeitig das Badewasser für die Intimpflege: Würstchen für Würstchen. Könnte als Werbeslogan aber die Männerwelt irritieren.

Das Hauptproblem ist jedoch, wie man jetzt immer wieder hört, vor allem der Verkehr. Das momentan hochgelobte Elektroauto ist leider kein Allheilmittel. Das ist nämlich nur dann wirklich umweltschonend, wenn auch der Strom klimafreundlich gewonnen wird. Beim derzeitigen Strom-Mix allerdings stößt ein E-Auto nur 16 Prozent weniger Klimagase aus als ein sparsames Auto mit Verbrennungsmotor. Eine andere Technologie ist viel effizienter: Biogas, gewonnen aus Stroh. Sieben Rundballen Stroh (= 1.800 Kilo) ergeben rund 300 kg Biogas, womit ein VW-Golf fast klimaneutral etwa 10.000 km weit fahren könnte. VW hat die Forschung in diese Richtung leider eingestellt, die Politik ist skeptisch. Höchstwahrscheinlich fürchtet die politische Klasse, bei Strohmangel selbst ihre Köpfe hinhalten zu müssen – sollte bei einigen überhaupt etwas darin sein.
Man könnte sich aber auch bei anderem Rindvieh bedienen. Es ist ja bekannt, dass uns Kühe das Klima kaputtfurzen. Warum nicht einfach das Biogas abfangen und quasi-klimafreundlich re-investieren? Dann gibt es keine Longhorns mehr auf der Motorhaube von Cadillacs, sondern gleich eine ganze Kuh auf allen Karossen – Schlauch im Darm mit Direktzufuhr in den Motor. Klar, dafür müsste man noch die nötige Infrastruktur schaffen: Weideflächen an jeder Aral und Melk-Roboter an jedem Supermarkt, um privat produzierte Milch ins Handelsnetz einspeisen zu können. Man braucht dann auch keine Hupe mehr, denn der Kuhschwanz hängt durch eine Öffnung in der Windschutzscheibe am Cockpit runter: einmal kräftig daran ziehen, und die Kuh macht Muh. Dürfen Sie nur nicht mit ihrem Handyklingelton verwechseln.
Und was würde sich erst die Versicherungsbranche freuen, wenn sie, jetzt da der Wolf zurück ist, alle in Deutschland gemeldeten PKWs auch noch gegen Raubtierbefall versichern könnte! Gut, diese Biotechnologie wäre dann nur eine nationale Lösung; in Indien etwa würde sich der Personenkuhwagen aus religiösen Gründen nicht durchsetzen. Vielleicht sollte man Klimapolitik doch „den Profis überlassen“ – nur bloß nicht der FDP.

Autor:

Benjamin Eisenberg aus Bottrop

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