Wirre Gedanken eines Koppdroppers
Umstehende Städter und Dörfler kennen häufig diesen Spruch "Kommste nach Bottrop, kriss ein aum Kopp dropp", jedoch müssen Außenstehende häufig passen und unverständlich den Kopf schütteln. Dabei bedeutet dieser Willkommensgruß nichts weiter als: "Wenn sie Bottrop betreten, dann schlagen wir ihnen den Schädel ein". Dabei ist die Gewaltrate der Bottroper kaum höher oder niedriger als in den umstehenden Städten des Ruhrgebiets. Der Satz jedoch ist ein Relikt aus vergangenen Tagen und hat heute höchstens nur noch regionalen Kultfaktor inne.
Wie fühlt und empfindet ein Bottroper? Wie hoch ist das Zusammengehörigkeitsgefühl zu dieser Stadt? Objektive Werte können nur von eiskalten Statistiken erbracht werden. Der subjektive Wert ist jedoch ein anderer.
Häufig sprechen die eigenen Einwohner über ihre Heimatstadt mehr schlecht als recht. Welche Gründe haben sie unter anderem dafür? Es lässt sich oft nur rätseln, sofern man nicht direkt nachfragt. Vorstellbar wäre die mangelnde Konkurrenzfähigkeit vieler Wirtschafts- und Kultursektionen der Stadt.
Die Stadt hat Schulden, nichts besonderes im Ruhrgebiet. Viele Städte der alten Bundesländer haben hohe Schulden gestapelt. "Solidarität" wird in Bottrop und Umgebung neu geschrieben. Fast jeder Stadtrat wird vielleicht darüber nach gedacht haben "Warum müssen unsere Städte verarmen, während im Osten die Städte finanziell unterstützt werden?". Doch allein der Solidaritätspakt von vor vielen Jahren reicht nicht als Ausrede aus.
Fehlmanagement des Stadtrates und falsche Signale aus Düsseldorf, werden sicherlich dafür gesorgt haben, dass die Wirtschaft der Bottroper zusätzlich einknickt.
Doch was war Bottrop früher eine Stadt oder eher ein Dorf? Es gab damals einen regen Kohleabbau, der diese Stadt zu dem gemacht hat was sie war. Nach dieser wirtschaftlichen Hochkonjunktur kam eine, bis heute andauernde wirtschaftliche Depression. Glücklicherweise lässt sich dies nicht auf alle Städte in der Bundesrepublik beziehen. Das Ruhrgebiet musste sich wandeln, wenn es weiterhin wirtschaftlichen Einfluss ausüben wollte.
Bottrop musste also eine Stadt für Dienstleistungen werden, andere Sektoren ausbauen und möglichst schauen, dass es wenig Erwerbslose gab. Einige Programme der Stadt haben sicherlich für Besserung gesorgt. Doch ist dieser Weg auch richtig? Es gab nicht nur Bottrop als Kohlebergbaustadt. Sondern auch viele andere Städte verteilt auf das gesamte Ruhrgebiet. Auch sie mussten sich wandeln und bieten Dienstleistungen an. Da sich häufig die Sektoren bis auf das Auge gleichen, sticht niemand mehr aus der Masse heraus.
Bottrop benötigt einen wirtschaftlichen Schwerpunkt außerhalb des Dienstleistungsbereich. Ohne einen regional deutlich führenden wirtschaftlichen Faktor, schafft Bottrop auf Dauer die jetzige Wirtschaftslage nicht zu halten. Denn nur große Unternehmen, die viele Steuergelder einbringen, können die verschuldeten Stadtsäckel wieder füllen.
Die Stadt benötigt mehr Fachkräfte und dazu auch noch mehr Einwohner. Die Jugend muss gefördert werden und das macht nur Sinn, wenn diese auch eine Zukunft in dieser Stadt hat. Viele verlassen Bottrop um in anderen Städten ihr Glück zu versuchen.
Dabei hat Bottrop einige Sektionen, deren Ausbau sicherlich ertragreich wäre. Es ist wichtig große Firmen mit viel Potenzial in die Stadt zu locken. Der Chemiebereich kann weiter ausgebaut werden, unter anderem sollte die Stadt sich auch um den Verfall des Einzelhandels kümmern. Anstatt zu warten, bis alle Einzelhändler ihre Geschäfte aufgeben müssen, sollte man sich vielleicht darum kümmern, die Stadt gezielter mit bestimmten Geschäften zu füllen.
Es existieren im Marketing gewisse Strategien was die Platzierung von Geschäften angeht. Bis weilen lassen sich solche Systeme leider nur an wenigen Ecken erahnen. Die Innenstadt von Bottrop brauch mehr Vielfalt und Förderung. Wenn große Unternehmen die kleinen Einzelhändler verdrängen, dann müssen die aufgebrochenen Lücken mit neuen Angebotspaletten gefüllt werden. Doch ein Bottroper ist nur so lange kauf-freudig, wie er oder sie Geld in der Tasche hat. Das Internet ist zu einem neuen Faktor geworden, noch stärker als jemals zuvor. Die Geschäfte benötigen einen besseren Anschluss und sollten sich darum kümmern auch in der Onlinewelt ihre Präsenz zu zeigen.
Wenn man durch die verfallenen Viertel der Stadt spaziert, kann man unter Umständen schnell an Depressionen erkranken. Die eigene Heimat ist immer die Wurzel der eigenen Identität. Am Ende möchte Niemand sagen, dass man in einer identitätslosen Stadt lebt, die höchstens hin und wieder mal für derbe Scherze im Unterhaltungsfernsehen missbraucht werden.
Bottrop ist durchaus in der Lage auch kluge Köpfe, Künstler und Visionäre hervor zu bringen. Die Stadt muss ihnen nur die Möglichkeit geben auch hier ihr Potenzial frei entfalten zu können.
Wo es hingeht mit den "Koppdroppern" ist ungewiss. Aber ein großer Teil der Jugend wird seine Zukunft sicherlich nicht hier verbringen wollen, wenn sie woanders bessere Aussichten erhalten können und oft auch werden.
Autor:Jan Windschall aus Bottrop |
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