Meine Arbeit im Flüchtlingsheim

Bunte Hände buntes Haus. | Foto: Kappi
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Zwischen Syrern, Albanern und Nigerianern

In der Bottroper Notunterkunft ist immer viel zu tun, schöne Aktionen zaubern jedem ein Lächeln ins Gesicht und verschönern die triste Lage der Asylbewerber

14:15 Uhr: endlich Schule aus. Schnell aufs Fahrrad und los zur Notunterkunft. Ich gehe die Stufen des ehemaligen Schulgebäudes hoch, kaum bin ich durch die großen Glasscheiben zu sehen, höre ich nur noch: „Vanessa, Vanessa, Vanessa!“. Überschüttet von Küsschen und Umarmungen gehen die Kinder und ich gemeinsam in den Spielraum. Vorbei an der Security, den Johannitern und den vielen Menschen, die jeden mit einem freundlichen „Hallo“ begrüßen, kann man besonders die Mädchen kaum bremsen endlich Memori zu spielen, zu malen, zu puzzeln oder oder oder …

So beginnt ein typischer Arbeitstag für einen Mitarbeiter des Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Wir betreuen die Kinder und kleiden die Bewohner ein. Außerdem versuchen wir, die Flüchtlinge durch kleine Aktionen ihre Schicksale für einen kurzen Moment vergessen zu lassen. An einem sonnigen Nachmittag ging es also raus auf den Sportplatz, Fußball stand auf dem Programm. Egal ob groß ob klein, ob dick ob dünn. Viele der insgesamt 200 Menschen waren an diesem Tag dort versammelt und ihnen war ein Lächeln ins Gesicht gezaubert worden. An einem anderen Tag organisierten Helfer des ASB einen Eiswagen, der jedem ein Eishörnchen servierte. Wenig später sah man nur noch Kinder mit Schokomündern umher rennen.

Schicksal im Mittelmeer

Zwei Stunden zuvor, war die Stimmung jedoch noch ganz anders: Durch das Spenderherz der Bottroper Bürger ist es uns jederzeit möglich, Neuankömmlinge einzukleiden, so auch eine junge syrische Familie. Im Mittelmeer gekentert, in Ungarn im Gefängnis: Dies war der beschwerliche Start auf europäischem Boden für die vierköpfige Familie. Eingekleidet in Fußballschuhen stand die äußerst höfliche und zurückhaltende Mutter vor uns und ihr war das Glück anzusehen, endlich in Sicherheit zu sein. „Ich bin froh, dass wir hier sind und ich hoffe in Zukunft Arbeit zu finden, mein Mann studierte Jura und ich Medizin“, übersetzt eine arabisch sprechende Mitarbeiterin. Noch berührender ist die Geschichte der kleinen Abiya die gemeinsam mit ihrem Opa und ein paar Cousins hier ist. Die Flucht schien der letzte Ausweg, nachdem Abiyas Eltern vor ihren Augen von IS-Kämpfern erhängt wurden.

Das „kunterbunte Haus“

Umso schöner ist es, Armbänder mit den Kindern zu flechten, Kreidekunstwerke zu erschaffen oder mit Fingerfarbe zu matschen. Seilspringen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der Kinder, wo selbst Abiya und ihre Cousins glücklich sind. Das Zusammenleben der verschiedensten Kulturen, von den „klassischen“ Asylbewerbern aus dem Irak, Afghanistan oder dem Kosovo bis zu den Reisenden aus dem asiatischen und russischen Territorium ist im Flüchtlingsheim an der Glückaufstraße sehr friedlich. Manolya Karadag und Thorsten Strack, die Dienstleitenden unserer Unterkunft von den Johannitern sprechen deshalb von einem „kunterbuntem Haus“. Sie beschreiben die Zusammenarbeit mit den Organisatoren, der Security und Flüchtlingen als „sehr harmonisch“. Meine Mitarbeiter kommen ebenso gerne wie ich hierher und haben einige Familien besonders ins Herz geschlossen. Simone Böhmer, die seit dem Inkrafttreten der Unterkunft im Juli diesen Jahres als ehreamtliche Helferin dabei ist, war mit einer albanischen Familie Pizza essen und hatte einen schönen Abend intensiven Gesprächsaustausches: „Von manchen Menschen wünsche ich mir mehr Empathie und fordre sie auf, den Mund gegen Hetzte aufzumachen.“

Infobox: Was jeder tun kann

- Offen auf Flüchtlinge zugehen, mit ihnen reden und ihnen zuhören
- Ehrenamtliche Fähigkeiten anbieten: Sprachkurse veranstalten, eine Musikstunde machen, Sportkurse anbieten …
- Spenden, z.B. Hygieneartikel, Medikamente, Telefonkarten …
- Kleidung, am besten sortiert, spenden (aktuell nur für den Winter)

Simone war eine derjenigen, die auch mich in meine Tätigkeiten in der Albrecht Dürer Schule einwies. Besonders in der Kleiderkammer war ich fasziniert von der Routine der Mitarbeiter. In der Kleiderausgabe haben wir ein Blatt mit Abbildungen der verschiedenen Kleidungsstücke zur Verfügung, damit die Bewohner nur auf das benötigte Teil zeigen müssen und die Sprache kein Hindernis darstellt. Außerdem wird vermerkt, wie viel jede Familie bereits gestellt bekommen hat, damit niemand zu viel oder zu wenig Kleidung besitzt.

Nach der Arbeit in der Kleiderkammer verabschiede ich mich selbstverständlich von den liebgewonnenen Kindern, die am Ende der zweimal täglich stattfindenden Betreuung gemeinsam im Chor singen:„Alle Leut’, Alle Leut’, gehen jetzt nachhaus’.“ Es bleibt zu hoffen, dass zahlreiche Flüchtlinge in naher Zukunft in eine Wohnung ziehen können und Deutschland ihr „Zuhause“ nennen dürfen.

Kontaktdaten:

-Albrecht Dürer Schule Bottrop (Glückaufstraße 2, 46238 Bottrop)
-Ansprechpartner: Dienstleitung der Johanniter
-Telefonnummer: 02041/3729575

Bunte Hände buntes Haus. | Foto: Kappi
Unser Kunstwerk
Autor:

Vanessa Vohs aus Bottrop

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