Weihnachten anders
Früher war alles anders

Früher war alles anders

Die Blätter sind schon lange gefallen. Leichter Pulverschnee rieselt herab.
Es ist Winter.
Es ist Weihnachtszeit.
In den Fenstern der Häuser, an den Türen und in den Straßen der Städte leuchten bunte Lichter in sämtlichen Formen und Facetten.

Endlich ging es los und wir organisierten unseren Baum, unseren Weihnachtsbaum.
Und nun war es bald soweit. Ich war ganz aufgeregt als Kind.
Der Weihnachtsschmuck war schon aus dem Keller geholt und endlich machten mein Papa P. und ich uns daran den Baum zu schmücken.
Für mich war es das Tollste, das Lametta anzubringen und danach die Kerzen.
Mittlerweile roch es nicht nur in den Städten, sondern überall und auch bei uns nach Backwerk, Zimt, Braten und dem Wachs der Kerzen, die langsam angezündet wurden.

Das Backen überließ meine Mutter lieber meiner Oma, da sie selbst es bei ihrem letzten Backversuch mit der Butter so gut gemeint hatte, dass man Hammer und Meißel gebraucht hätte, um den Kuchen zu portionieren.
Mama kümmerte sich lieber um den Karpfen, den es traditionell bei uns am Heiligen Abend gab, die Kartoffeln und das Sauerkraut. Beim Säubern des Fisches wurden einige Schuppen auf Butterbrotpapier getrocknet. Man durfte sich dann die Schönste heraussuchen. Denn bei uns hieß es `hast du eine Fischschuppe im Portemonnaie, hast du auch immer Geld darin´.

Und dann endlich…die Schneeflocken glitzerten wie kleine Sterne und fielen immer stärker herab, so dass Wiesen, Dächer, Gehwege, einfach alles in wunderschönem Weiß erstrahlte.
Der Tisch war gedeckt, der Baum glänzte, die Kerzen brannten fröhlich und ihr Schein erhellte das Zimmer.
Wir setzten uns alle zusammen. Mein Papa P., meine Oma, meine Mama und ich. Auch unsere Hunde gesellten sich zu uns. Natürlich auch in der Hoffnung, etwas von dem lecker Duftenden könnte zufällig herunterfallen und sie wären gewiss sofort da, um zu helfen und es aufzusammeln.
Klar genoss ich das Mahl, aber ich wusste ja, wenn zu Ende gegessen war, gab es die Bescherung und allein der Gedanke ließ meine Kinderaugen aufblitzen. Und bewog mich auch dazu, natürlich schnell meinen Teller leer zu essen.
Nachdem alle ihre Geschenke ausgepackt hatten und ich noch ein kleines Lied auf dem Klavier gespielt hatte wozu mein Papa P. inbrünstig sang…nicht immer ganz stimmig, also entweder spielte ich falsch oder…

Jedenfalls saßen wir anschließend wieder zusammen und redeten, lachten und waren glücklich, uns zu haben.
Zwischendurch fiel immer mal wieder der Satz `ach ja, früher war alles anders…´.
Meine Mutter und meine Oma erinnerten an die Nachkriegszeit. Man hatte all seinen Besitz verloren und arbeitete hart, um sich wieder etwas aufzubauen. Ja, man hatte nicht viel. Und so hatten sie an einem Weihnachten natürlich kein Geld, um ein für uns jetzt normales Festtagsgericht zu kochen. Sie hatten eine Dose Brechbohnen. Das war das Weihnachtsgericht. Und ja, sie hatten es genossen und hatten Freude und gute Laune, denn sie hatten ja sich.

Viele Jahrzehnte ist dieses mein Weihnachten als Kind her. Und nun nähert sich wieder jene weihnachtliche Zeit.
Für einige habe ich eine Kleinigkeit besorgt. So habe ich etwas Wärmendes für meinen Hundekumpel, der stets über kalte Hände klagt, eine Kleinigkeit für die Tafel der Stadt in der ich momentan lebe gespendet, etwas für einen Hund aus dem Tierheim gekauft, was dieser sich, laut dortigen Angaben, gewünscht hat, ein kleines Päckchen für eine liebe Hundefreundin gepackt und versendet, die ich aus dem Internet kenne und die mir, wie noch einige andere liebe Menschen, viel Kraft gespendet hat in der letzten Zeit und etwas für meinen besten Kumpel.
Meine Tiere gehen auch nicht leer aus, aber die beschenke ich sowieso am liebsten und am häufigsten. Denn egal was ich gebe, schenke, ich sehe in ihren Augen immer dieses Blitzen, das ich selbst als Kind hatte und so wundervoll finde.

Meine Mutter hat mich kürzlich verlassen, uns alle bedrückt eine schwere Krise, Corona, die auch vieles verändert hat und es weiter noch verändern wird...
Und nun sitze ich hier, mit meinen geliebten Tieren, die Augen rot und müde und ich denke an diese Zeiten zurück.
Und immer wieder ertappe ich mich dabei wie ich zu mir sage `früher war alles anders…´.

In Erinnerung an meine geliebte Mutter

S.A.Böck

Autor:

S. Böck aus Bottrop

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

3 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.