Gehörunsinn
Zwei Ohren im Gespräch
Es waren einmal zwei Ohren, das Rein-Ohr und das Raus-Ohr.
Im Ohrensessel hatte ihr Mensch es sich gemütlich gemacht und zur Entspannung die Kopfhörer aufgesetzt. "Oh neee, nicht schon wieder Meeresrauschen", klagte das Rein-Ohr, „das Geräusch geht mir voll auf die Muschel. Sag mal, Brüderchen, du hörst das doch auch?" "Ja, schon. Aber du weißt ja .....“, entgegnete das Gegenüberliegende. „Ach so, verstehe, bei mir rein und bei dir raus. Das war aber nicht immer so .. stimmt doch, oder? Ich erinnere mich an Zeiten, wo wir gemeinsam einen Ohrwurm hatten. Manchmal über Stunden. Kannst du dich noch daran erinnern, wie oft unser Mensch uns mit Stöpseln massakrierte?“.
„Stimmt, lang ist´s her, aber wir werden auch nicht jünger, genauso wie der Mensch hier“, entgegnete das Raus-Ohr, „und weißt du, Bruder Rein-Ohr, je mehr wirres Zeug erzählt wird, umso mehr wurde ich zum Raus-Ohr, was du auf deiner Seite gar nicht mitbekommen hast. Von daher – ich bin echt dankbar für diese Durchzugsfunktion, die ich aber nicht an dich weiterleiten kann, sonst ist unser Mensch arm dran, wenn er gar nichts mehr mitbekommen kann“.
Die Augen, die das Gespräch heimlich belauschten, fingen an zu lachen, bis dass die Tränen kullerten.
„Ihr seid schon ein witziges Team, und doch so unterschiedlich in eurer Wahrnehmung. Das Schöne daran, langweilig wird es mit euch nie.“
Dem Raus-Ohr ging der feuchte Augenaufschlag bis ans Trommelfell, „Kannst bestimmt ein Lid mitsingen, was? Während du alles unverschleiert wahrnimmst, drückt dein Zwilling ständig sein´s zu. Auch nicht schlecht, dann ist wenigstens Ruh´- und genau die könnte Bruder Rein-Ohr auch mal gebrauchen“.
Autor:Hildegard Grygierek aus Bochum |
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